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„Und ich schuf die goldne Schmiede,

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Drin mein Herz mit vollster Glut

Zu Maria’s Ruhmesliede
Hat verschmolzen all sein Gut;
Was nur Köstliches mein Seelen-
Schacht umschloß an Erz und Stein,

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Gold und Silber und Juwelen

Schmiedet’ ich ins Lied hinein.

„Nehmt die Pergamentesrollen
Dort hervor aus jenem Schrank!
So nur, Brüder, Freunde! zollen

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Kann ich euch noch meinen Dank

Für die Liebe, die dem greisen
Mönche stets bewahrt ihr habt;
Wenn an dieses Liedes Weisen
Ihr nach meinem Tod euch labt.

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„Was so kühn ich jetzt gesprochen,

Nehmt es hin als Schwanenlied;
Mein Geräth ist morsch gebrochen,
Selbst zusammen bricht der Schmied.
Vor den andern Sängern neide

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Ich nur einen Einz’gen, dich,

Walter von der Vogelweide,
Du warst glücklicher als ich!

„Denn dein Grab ist Würzburgs Erde,
Meiner theuren Vaterstadt,

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Und auf seinem Futterherde

Ißt sich manches Vöglein satt.
Sey es! Auch in fremden Grunde
Schläft der Sänger sanft und kühl,
Lebt er fort im Freundesmunde

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Und in seines Volks Gefühl!


„Aber euch, ihr jüngern Meister
In dem edlen Sangesspiel,
Mögen reine, gute Geister
Leiten an das hehrste Ziel!

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Strebt zum Lenz der höhern Lebens
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Karlsruhe: Kreuzbauer und Kasper, 1846, Seite 373. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_373.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)