Seite:Badisches Sagenbuch 372.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Euerer Gebete Schwingen
Lassen aus dem Erdenband

55
Leichter meinen Geist sich ringen

Zu dem ewigen Vaterland.

„Von hieniden scheid’ ich gerne;
Diese kampfestrübe Zeit
Hüllt des Sängers schöne Sterne

60
Tiefer stets in Dunkelheit;

Alle Zügel längst erschlaffen
Sie der blinden Leidenschaft,
Nur in Schmach noch übt die Waffen
Fürstenstand und Ritterschaft.

65
„Keines Ruhmes Ziele locken

Die verirrte Jugend mehr,
Zucht und Sitte flieht erschrocken
Vor der Lüste wildem Heer;
Rohe Lieder nur noch schallen,

70
Wüster Spaß und Becherklang,

Wo sonst in den Ritterhallen
Tönte keuscher Minnesang.

„Wo nur noch die Faust sich Recht schafft,
Da erlahmt des Harfners Hand;

75
Wo nur Tyrannei und Knechtschaft

Er noch sieht im Vaterland,
Wo er nirgends mehr noch Pflege
Hoffen darf für seine Kunst,
Sucht er auf dem Himmelswege

80
Rettung aus der Erde Dunst.


„Darum hatt’ ich hier ins Kloster
Mich geflüchtet aus der Welt,
In den Port, wo sturmdurchtoß’ter
Seelenhimmel sich erhellt;

85
All mein irdisch Minnen streifte

Ab ich vor dem Friedensthor,
Denn in meinem Busen reifte
Heiß mein höchstes Lied empor.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Karlsruhe: Kreuzbauer und Kasper, 1846, Seite 372. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_372.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)