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in Empfang, während der Vater langsam nachfolgte und sich mit ihnen um die schwarze Suppe herumsetzte. Alle waren fröhlich und guter Dinge, denn es war ein gar schöner Junimorgen und rings hüpften die Vögelein umher und sangen ihre Lieder. Von der Stadt Waldkirch unten im Thale klangen Glocken herauf und ganze Schaaren von Landleuten zogen dahin auf den Wochenmarkt; nur die Schwarzburg[1] allein schaute von ihrem steil hervorspringenden Felsen finster und traurig auf die lachenden Triften hernieder. Der Vater aber sah mit Lust auf seine gesunden Kinder und dann wieder auf sein kleines, doch wohlbebautes Gütchen; denn der Himmel hatte ihn von dem Augenblicke an gesegnet, da er aus den Mauern der Burg getreten. Ja erhoffte sogar im Stillen, sich noch von seinem Herrn loskaufen und wenn auch nicht sich selbst doch seine Kinder ganz frei machen zu können. Drum war ihm der Schloßherr auch nicht mehr gewogen, seitdem Alles so wohl auf seinem Gütchen gedieh, denn der Ritter war keines biedern und glücklichen Mannes Freund und Jedermann floh seine düstere Gegenwart. Selbst wenn er in Waldkirch einritt, ging man ihm gern aus dem Wege und sogar der alte Bürgermeister zitterte, so oft er vor den barschen und hochmüthigen Herrn, der keinen Widerspruch ertragen konnte, geladen wurde. Kaspar hatte ihn schon lange nicht mehr gesehen, denn auch er mied den Ritter wo nur möglich, und wenn Dieser etwas von seinem Leibeigenen haben wollte, schickte er gewöhnlich einen Knecht, um Obst oder Schinken, Feldfrüchte oder Geld, oder was ihn gerade gelüstete, zu holen. Weislich zögerte Kaspar in solchen Fällen niemals, den Ritter zu befriedigen, doch verbarg er dabei sorgfältig, was seine Frau bisweilen in Waldkirch oder Freiburg aus den Verkäufen des Obstes erübrigt hatte. Diesmal waren die Kirschen besonders reichlich ausgefallen und Kaspar überschlug schon im Stillen, was er etwa wieder unbemerkt zurücklegen könne. Darum war er heute auch so wohlgemuth und rief seiner Tochter, die mit der Spindel in der Hand ab und zu ging, während er und die Brüderchen aßen: „Höre Gundchen, die Vögel singen so lustig, komm setz’ dich zu uns her und sing


  1. Schloßtrümmer nahe der Stadt Waldkirch.
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 336. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_336.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)