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In dem Brunnen dort verborgen
Blieb dem Feind des Glöckchens Werth,
Doch verschüttet
Ist er jetzt und wüst, zerrüttet,

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Drüber Stein auf Stein geschwert.


„Nimmer soll ich wieder hören
Glöckchen dich, so hell und rein;
Wenn zu dienen
Dir, o Christ, die Nacht erschienen,

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Ach, dann schweigst nur du allein!“ –


So ergießt sich ihre Klage
Oftmals an der Stätte dort;
Naß die Wange,
Horcht sie jedem Glockenklange,

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Und verläßt in Gram den Ort.


Sieh, da weicht der Franze wieder,
Neu erstehet Kirch’ und Haus,
Keine Hände
Finden aber jene Spende

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Aus des Brunnens Schutt heraus.


Und so ist die Nacht gekommen,
Die des Heiles Anbeginn;
Und zu neuer
Freudenvoller Christnachtfeier

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Wallt nun Alt und Jung dahin.


Gramgebeugt erhebt die Eine
Auch von ihrem Lager sich,
Geht beklommen,
Schweigend, mit den andern Frommen,

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Aber blutend innerlich.


Fremde Glocken hört sie tönen
Zu der Stunde Weihegruß;
Ihre Gabe
Liegt im finstren Trümmergrabe,

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Und die Stelle tritt ihr Fuß.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 316. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_316.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)