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Jez derte sieht me Neuburg, satt am Rhi,

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Ne Städtli hüttigstag, ne Stadt vor Zite gnennt;[1]

Statt seller Chilche seig e Münster derte gsi,
Doch heig’s der Rhi neweg gnu, us em Fundement.
Un ’s innerst Hus sei gstande, wu jez ’s üsserst stoht,
Me weißt es justement grad nimmi gnau.

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Und wemmen uffezue, am Strom no goht,

Se chunnt ’s Chrüzchilchli, in der Guetenau.
Dert het der Brueder Felix, im e chleine Hus,
Si Wohnig gha, und im e Todtebaum si Bett.
Si Gschäft isch bete gsi, und wenn es dundret het,

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Se het er almig glitte. Nu, jez rueiht er us.

Sell heilig Chrüz, wu aber dert stoht, mueß de Rhi
No jez vum Land abhalten und – es thuet’s, cha si!

Un do vu dene Berg rechts hintere
Sin no viel Ort; de weisch jo, wu mer her chu sin –

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Dert ehnen unter sellem Rai isch Zunzige.

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Jez sim mer, glaub i, ummen überal,
Un d’Gegnig hemmer bschaut. Geil do isch’s schön?
Das isch im liebe Gott si Bildersaal,
Un mir verstune, wemmer drin spaziere gehn. –

135
Chumm jez, jez müen mer go, mer henn jez Zit;

Dur selli Hohlgaß us, in’s Wilerthal.
’s isch ebbe no ne Viertelstündli wit,
Un d’Weg, die weiß i jo no überal.

L. F. Dorn.
(Aus Pfarrer Dorn’s „Allemania.“ Lörrach, 1843. Gutsch und Rupp.)

¹) Der Dialect, in welchem die in meiner Sammlung „Allemania“ enthaltenen Dichtungen geschrieben sind, ist der allemannische und beinahe der nämliche, wie bei Hebel, von dem ich nur darin abweiche, daß hier viele Endungen auf u (z. B. wu, chu etc.) vorkommen, welche dort auf o ausgehen. Diese Endung auf u hat aber zweierlei wesentlich verschiedene Klänge. Der eine ist ein reines „u,“ wie im Hochteutschen; der andere ist ein gemischtes, breites „u,“ welches ein kurzes „e“ nachtönen läßt, z. B. „du“ und „thue“ (thun). Diesen letzten Vokal habe ich überall, wo es die Aussprache so fordert, beigeschrieben. Wo also das „e“ hinter einem „u“ erscheint, da will letzteres keine eigene Sylbe bilden, sondern einsylbig mit dem „u“ zusammen gelesen seyn.


  1. [254] Neuenburg war in früheren Zeiten, schon vom 13. Jahrhundert an, eine beträchtliche Stadt, die vieler Privilegien genoß. Im Jahr 1490 war Kaiser Maximilian daselbst und bestätigte ihr dieselben, auch erlaubte er 1496, statt der alten, durch den Rhein größtentheils unterhöhlten und weggespülten Stadt, eine neue zu erbauen und erhöhte ihren Rheinzoll. In den Jahren 1632 und 1634 wurde Neuenburg von den Schweden genommen; Herzog Bernhard von Weimar hatte 1638 hier sein Hauptquartier, während er Breisach belagerte; im Jahre darauf starb er hier an Gift.
    (Vergl. Universallexikon von Baden. S. 817.)
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_253.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)