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Nur langsam erholte sich Adelgunde von ihrer Ohnmacht. „Laßt mich zu ihm eilen, denn ich bin Schuld an seinem Tode!“ rief sie; „aber der Himmel ist mein Zeuge, nicht mit Vorbedacht!“ Und zu Burkhard gewendet: „Du darfst mich nicht begleiten, dein Anblick würde den unglücklichen Bruder noch mehr reizen.“

Bernhard ließ sein vertrautestes Pferd vorführen; darauf entfernte sich das Fräulein, von einem Diener gefolgt.

Furchtbar verstümmelt, mit fast unerträglichen Schmerzen, lag Ruprecht von Bärenfels auf seinem Bette. Ueber ihn neigte sich schluchzend und jammernd die Schwester. Er schlug die Augen auf, und sprach mit zitternder Stimme: „Kommst du, mir zu vergeben, Adelgunde? Bete für meine arme Seele. Der Arm des Höchsten hat mich strafend erreicht!“

„Du sollst nicht sterben, Bruder!“ rief Adelgunde, heftiger weinend, und Stirn und Mund des Unglücklichen küssend.

„Schwester, noch sind zwei Knechte des Oeflingers gefangen, – in dem geheimen Verließ unter dem Kellergewölbe – befreie sie!“

Adelgunde schauderte. Zugleich trat Burkhard ein. „Wie konnte ich zurück bleiben?“ sprach er, „Pflicht und Gewissen rufen mich hierher.“

„Ich will dir vergeben,“ sagte mit schwacher Stimme Ruprecht, als er Burkhard reden hörte. „Du bist unser Vetter, – sey du meiner verlassenen Schwester – –“ die Sprache verstummte, sein Leben erlosch.

Der treuen Schwester Thränen flossen reichlich und inbrünstige Gebete begleiteten die geschiedene Seele hinauf, wo Gottes ewig erbarmende Liebe wohnt.

Burkhard nahm den Namen Bärenfels an, und lebte in glücklicher Ehe mit Adelgunde.

Die beiden benachbarten Ritterfamilien hielten unzertrennliche Freundschaft. Ein Befehl, den der Oeflinger an seine Untergebenen ergehen ließ, lautete: Niemand darf, bei schwerer Strafe an Leib und Geld, einem Erdmännlein künftig etwas zu Leide thun.

Steinen bei Lörrach. Reinhard Reitzel.
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_235.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)