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durchschritten; aber bald ergriff ein heiliger Schauer ihre Seele. Denn jetzt traten sie über einen schmalen Steg und weit öffnete sich die Grotte zu einem großartigen Dome. Zur Seite rechts zeigte sich eine Kanzel, wie keines Menschen Hand solche bauen könnte, und links erhob sich eine Orgel mit unzählig vielen großen und kleinen Pfeifen. – Wie noch heute, wenn ein Wanderer die Höhle besucht, er die unnachahmlichen Gebilde mit Bewunderung anstaunt: so blieben jene ersten drei Besucher überrascht stehen, und wagten kaum zu athmen vor mächtiger Verwunderung. Das Erdmännlein winkte, und führte seine Begleiter etwas seitwärts, an eine Stelle, wo es trocken war. Aber wer beschreibt das Erstaunen der Drei, als ihre Blicke auf einen jungen Mann fielen, der ruhig auf einem Mooslager schlummerte! Mit einem Schrei, in welchem Schmerz und Freude zugleich sich ausdrückten, stürzte Helena zu dem Schlafenden nieder; es war Bernhard von Oeflingen. Inzwischen hatte sich der kleine Mann entfernt. Ein leiser, anmuthiger Gesang wogte harmonisch durch die Höhle. Bernhard bewegte seine Hand: – „Schöner Traum!“ lispelte er kaum hörbar; „ich sah dich, Helena, mein süßer Engel!“ Bald darauf schlug er die Augen auf. Helena, sein Engel, ruhte an seiner Brust. – Wer beschriebe die Scene solch eines Wiedersehens!

„So hat der Traum, der so lieblich mich umschwebte, sich erfüllt!“ – rief Bernhard endlich. „Helena, was ich gelitten, seit ich dich verloren hatte: – der Schmerz hält gleich die Waage mit der Wonne, dich wieder in meine Arme schließen zu können.“

Nach der Erzählung des Oeflingers hatte ihn bei dem räuberischen Ueberfall ein furchtbarer Schlag vom Steinegger zu Boden geworfen, worauf er sich jedoch bald wieder aufgerafft, habe, um dem Bärenfels nachzueilen. Aber von einer Schwäche befallen, die von dem Blutverlust aus der Kopfwunde herrühren mochte, sey er bewußtlos niedergesunken. „Ich erwachte in dieser Höhle wieder;“ – schloß er seine Erzählung „das gute Männlein, dem ich einst einen Dienst erwiesen, hat mich hierher gebracht. Es hat mich gepflegt und gewaschen mit heilendem Wasser. Ich bin nun völlig genesen.“

Helena erzählte nun auch ihre Geschichte, und erwähnte dankbar

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_233.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)