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eine so bedeutende Rolle spielt. Die Haseler Höhle ist der Sitz einer Menge von Erdmännlein und Erdweiblein, und hat ersteren ihre Benennung zu verdanken. Scheu geworden aber vor den überall eindringenden Lichtstrahlen der aufklärenden Neuzeit, haben sich diese, übrigens größtentheils gutmüthigen und harmlosen Geschöpfe, in die entlegensten unterirdischen Abgründe und Felsengrotten zurückgezogen und lassen sich höchstens nur noch vor den gefeiten Augen eines Frohnfasten- oder Sonntagskindes sehen.

Aber vor etlichen hundert Jahren, da war es anders; da pflogen diese Gnomen und Gnominen lebhaften freundlichen Verkehr mit den Bewohnern der Oberwelt, so damals auch frömmer und naturandächtiger waren, als in unsern religionshadrigen, wenn gleich helleren Tagen. Damals kamen sie oft zu den Leuten hervor aus ihren grotesken Felspalästen, sie besuchend in Haus und Feld, in Küchen und Spinnstuben, gerne bereit, in allerlei Wirthschaftsgeschäften hülfreiche Hand zu leisten, zuweilen mit Gold und kostbaren Steinen wackern, unverschuldet in Armuth gerathenen Leuten wieder aufzuhelfen, zuweilen auch nützlichen Rath ertheilend und zur Abwechslung den Burschen und Mädchen Abends schöne Mährchen erzählend, – poesievollere Mysterien als die von Paris. Und dagegen sprachen die harmlosen Wesen keine weiteren Gefälligkeiten von den Landleuten und Gebirgsbewohnern an, als die Erlaubniß, in strengen Wintern, wenn die Kälte selbst bis in die tiefsten Palasthallen der Unterwelt drang und die Quellen und Bäche und Schwaden darinnen zu Eis und Reif sich gestalteten, in einem Eckchen der Wohnstube, beim warmen Ofen, auf einem Bündelchen Stroh oder selbstmitgebrachtem Bergflachse (Asbest), die Nacht zubringen zu dürfen.

Diese Gäste – so erzählt uns im Wiesenthal noch manch altes Mütterchen – sollen allerliebste Miniaturgeschöpfe, kaum, ein Paar Spannen hoch, doch meist ungemein zierlicher Gestalt und sanfter, einnehmender Gesichtsbildung gewesen seyn, nur hättest sie das Eigenthümliche gehabt, daß man niemals Füße an ihnen bemerken konnte. Um sich nun zu überzeugen, ob sie solche wirklich besäßen oder nicht, geriethen einmal einige junge vorwitzige Bursche von Hasel auf den Einfall, auf dem ganzen

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_223.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)