Seite:Badisches Sagenbuch 220.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

er, und sein wüstes Auge sah scheu nach der Stelle, wo seine unglücklichen Opfer untergesunken waren. Der furchtbare Mensch hatte in der Nacht vor dem Sonntag den Weidling so geschickt durchsägt, daß es ohne genaue Untersuchung nicht bemerkt werden konnte, so, daß sich das Fahrzeug durch die Last von zwei Menschen nach und nach auseinander fügen mußte.

Jedermann bedauerte mit aufrichtigem Herzen die zwei Verunglückten und suchte den vom höchsten Schmerz erfüllten Vater Katharina’s zu trösten. Allgemein schrieb man das Unglück dem Zufall, oder der Gebrechlichkeit des Weidlings zu.

In der Nacht, die auf diesen Sonntag folgte, weckte ein furchtbares Geschrei die Bewohner der Vorstadt Schopfheims. Es kam aus einem Fenster des Wirthshauses zum fliehenden Hirschen. „Rettet mich, ihr Leute, rettet mich! Seh’t ihr nicht das Gewässer? Der See ist ausgebrochen – dort kommt er ja – Alles ist verloren! Sie schöpfen ihn aus, weil ich sie hinein geworfen – die Vorstadt wird untergehen!“ Der Schreier wollte durch’s Fenster auf die Straße, aber ein hinzugetretener Knecht hielt ihn zurück. Unten versammelte sich eine Menge Menschen. „Was ist dem Hirschenwirth geschehen – ist er wahnsinnig?“ fragte man sich unter einander. Dem Statthalter, der auch unten stund, war aber das Wort: „weil ich sie hineingeworfen!“ nicht entgangen. Er trat zu dem Hirschenwirth ein. Ein schrecklicher Traum hatte die Sinne des Missethäters verwirrt. Er antwortete auf keine Frage; aber in Einem fort schrie er: „Hätte ich den Georg und des Müllers Katharina nicht hineingeworfen, so könnten sie den See nicht ausschöpfen, und die Vorstadt und mein Haus gingen nicht unter. Rettet mich aus dem Wasser!“

Man wußte genug. Am andern Morgen wurden die einzelnen Stücke des Weidlings zusammen gefischt. Die Untersuchung brachte die Unthat völlig an den Tag.

Rheinhard Reitzel.


Der Lütplager.

Im dreizehnten Jahrhunderte hauste ein Ritter Kuno auf der nun schon längst in Trümmern liegenden Veste Bärenfels.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_220.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)