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Die Brüder an der Alb.

Vor und ehe das Gotteshaus Sanct Blasien gestiftet ward, ist das Ort gar rauh und von den Leuten bei zweien Meilen Wegs unerbaut gewesen. Es haben sich aber in solcher Wildnuß erhalten andächtig Väter, die wegen Aechtung des Glaubens, oder durch Frommigkeit und um Absonderung der Welt dahin in die Hülinen (Felsengrotten) und Einöden gekommen, wie dann der christlich Glauben der Zeit schrecklich angefochten worden, und auch an andern Orten dieser Ursach ihrer viel in die Wildnüsse geflohen und sich in den Felsen, Thälern und Bergen erhalten, und keiner von dem andern gewißt. Ihr Speis ist nichts anders gesin, denn Wurzen und Kräuter, und das wild Honig; aber nit genueg, weshalb ihrer viel von der unmenschlichen Nahrung, auch von kälte des Lufts, von Schnee und Winter haben sterben müeßen.

Nach langem hat Gott der Allmächtig ihren vesten Glauben und grossen Andacht angesehen, und ihnen ingegeben, daß sie, so viel hieherumb gewohnt haben, uf ein Stell, da jetzt das Gottshaus stat, zusammen kommen sind, und haben durch einander gemerkt, daß es der Wille Gottes sei, und ein Versammlung mit ihnen ufgericht werden söll. Und wie sie vorhin ἀναχωρίται geachtet, so sollen sie jetzt solitarii genannt seyn, und haben sich unbekannt mit einander verglichen, da ze wohnen, und Gott den Allmächtigen mit andächtigem, strengem Leben zu dienen.

Und haben sich also viel Jahr mit grosser unvermessenlicher Noth ihrer Leibsnahrung beholfen, bis daß sie recht wiederumb angefängt haben, sich zu der Welt zu kehren, umb Ufenthaltung ihres Leibs, und sich geüebt mit etlicher Arbeit in Holzwerk, darin sie sich gebraucht und jeder sölichs herausgetragen und ihr zeitlich Speis darmit erworben, und sind genannt worden die Brüder an der Alb, wiewohl sie kein Orden noch gehabt haben.

Wie sie sich nun ein lange Zeit also bei einander erhalten, haben sie ein Houpt oder ein Fürgesetzten geordnet, der ihr Oberer seyn söllt und unter ihnen zu Ewigem und Zeitlichem Ordnung geben söllt. Den haben sie genämt einen Vatter,

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_131.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)