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in Verfall gerathene Kloster Hirsau in Schwaben wieder zu einem Flor gedieh, in welchem, wie Trithemius sagt, die Mutter noch von der Tochter übertroffen wurde.

(Vergl. „Erinnerungen aus der Geschichte der Stadt Schaffhausen.“ Schaffhausen, 1834. Hurters Buchhandlung. Ferner: „Leben des Grafen Eberhardt III. etc.“ in Mone’s „Quellensammlung der Badischen Geschichte.“ 1. Bd. 1. Heft. Aus einer Chronik abgedruckt.)


Das Fräulein von Randenburg.

Im Münster zu Schaffhausen findet sich neben den Gräbern der Aebte ein Grabstein, auf welchem das Bild einer knieend betenden Jungfrau dargestellt ist, mit der Umschrift: „Dominus mirabilis in Sanctis suis.“ (Der Herr ist wunderbar in seinen Heiligen.) Dieser deckte den Leichnam des Fräuleins von Randenburg, deren gottseliges Andenken noch im Munde des Volkes fortlebt. Obwohl umgeben von dem Glanze des Ritterlebens und den Reizen der Weltlust auf ihrem Stammsitze, der Schaffhausen benachbarten Randenburg, diente sie doch stets in heiliger, unentweihter Jungfrauschaft einzig und allein ihrem Gott und Heiland. Jeden Morgen schon vor Tagesanbruch eilte sie, begleitet von einer treuen Magd, von ihrer Burg nach Schaffhausen, um dort noch zu rechter Zeit zum Frühgottesdienste zu kommen. Voran leuchtete allemal ein zahmer Hirsch mit Laternchen an seinen Geweihen, sorgfältig von Zeit zu Zeit sich nach seiner Gebieterin umblickend; so ging alle Morgen der fromme Zug über den Randen durchs Hemmenthal hinab nach Schaffhausen und zum Engelbrechtsthor hinein. Vor dem Thor wartete der Hirsch gehorsamlich, bis das Fräulein ihre Andacht im Münster verrichtet hatte. Jetzt noch, nach beinahe 500 Jahren, zeigen Einem die Hemmenthaler den Weg, den die Schritte jener Jungfrau geweiht haben. Nach ihrem Tode wurde sie neben dem Abte Jakob Hün († 1353) begraben, an dieselbe Gottesstätte, wo sie so oft gebetet und reiche Gaben mit Herz und Hand geopfert hatte.

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_112.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)