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Unterdessen war der Morgen angebrochen und im ersten Frühschimmer ritt ein gewisser Bridinger in’s Lager, und wurde nach kurzem Verweilen vor den Feldobersten geführt.

„Wie lautet Euer Auftrag?“ fragte Frondsberg.

„Er ist kurz;“ – antwortete der Ritter: „Freier Abzug für Friedingers Leute und ihm ein ehrenvolles Grab unter den Ruinen seiner Burg.“

„Ist Friedinger denn todt?“

„Dann könnt’ ich ja nicht in seinem Namen kommen,“ – entgegnete Bridinger. „Aber der Knochenmann hat ihm die dürre Hand schon entgegengestreckt und der Ritter hält sie gefaßt und will sie nicht mehr lassen.“

„Ihr sprecht in Räthseln!“

„Der Ritter ist tödtlich verwundet; ein herzhafter Schnitt des Arztes könnte ihn zwar noch retten, aber er ist fest entschlossen zu sterben, weil er, wie er sagt, seine Zeit überlebt hat, und die Trümmer seines Stammsitzes sollen sein Grabmal seyn.“

Frondsberg wurde nachdenkend. „Ich habe diesen Friedinger von jeher geachtet,“ – sprach er nach langem Schweigen – „so trotzig er sich auch stets den Gesetzen entgegen stemmte. Er wollte die Ehre der Vergangenheit festhalten mitten in der Schmach der Gegenwart, und er war der Einzige unter den Raubrittern, dem es nicht um die Beute, sondern blos um die Lust des Kampfes dabei zu thun war. Eure Bedingungen seyen gewährt! Ihr, Bridinger, zieht mit Friedingers Leuten ab und liefert uns die niedergeworfenen Gefangenen aus. Den Leichnam des Ritters werde ich ehrenvoll bestatten lassen, aber das Schloß muß zerstört werden!“

Friedinger lebte nur noch wenige Stunden. Als Frondsberg in die Burg eingezogen war und an dessen Lager trat, fand er bereits eine starre Leiche. Sie ward in der Schloßkapelle begraben und die Veste gleich darauf niedergerissen.

Dr. Heinrich Schreiber.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_105.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)