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Ein Strahl wilder Freude flog über Friedingers Gesicht und zugleich schien ein großer Gedanke in seiner Seele aufzugehen. „Komm!“ – rief er – „ich schreibe den Fehdebrief in deinem Namen und du kritzelst dein Handzeichen darunter.“

Der Brief wurde unverzüglich abgeschickt und Friedinger traf alsbald Anstalten, Hohenkrähen in Vertheidigungsstand zu setzen. Durch ihre Kundschafter erhielten die Ritter jetzt Nachricht, daß einige Handelsleute aus Kaufbeuern auf der Heimkehr aus der Schweiz begriffen seyen. Haußner legte sich mit einem Haufen Reißiger in den Hinterhalt, überfiel die sorglos ihres Weges Dahinziehenden, welche von einer Fehde keine Ahnung hatten und schleppte sie gefangen auf Hohenkrähen. Unter ihnen befand sich auch Georg von Kreßling, der Vater des jungen Otto, welchen Guttenberg seiner Tochter zum Gatten bestimmt hatte. Er kam von St. Gallen, und war unterwegs zufällig mit den Kaufleuten zusammengetroffen. Diese wurden von Haußner noch ziemlich gut behandelt, nur forderte er von ihnen ein bedeutendes Lösegeld, welches die Stadt Kaufbeuern für sie bezahlen sollte; den alten von Kreßling aber ließ er in Ketten schlagen und schwur hoch und theuer, der Ritter müsse so lange sein Gefangener bleiben, bis sein Sohn ihm die schöne Margarethe als Braut abtrete.

Als das Begebniß in Kaufbeuren ruchbar geworden war, entstand große Unruhe in den Gemüthern. Die Stadt konnte nicht so viele Leute aufbringen, um einen Kriegszug gegen Hohenkrähen vorzunehmen, und nach langer Berathung entschloß man sich endlich, eine Gesandtschaft an den Kaiser abzuordnen, der sich damals gerade in Nürnberg aufhielt.

Otto von Kreßling erbot sich, mit den ausgewählten Rathsmitgliedern dahin zu gehen. Kunz von der Rosen war sein Oheim und hatte dem Kaiser schon so glänzende Beweise seines Muthes und seiner unerschütterlichen Treue gegeben, daß Max nicht leicht eine seiner Bitten zurückwies, denn er verlangte niemals etwas Unbilliges oder Unrechtes.

Der Kaiser war höchlich entrüstet, als ihm Kunz von der frevelhaften That Haußners und Friedingers Bericht erstattete. Auf der Stelle versprach er den Abgeordneten Genugthuung und ertheilte sogleich seinem Feldobersten, dem berühmten Georg

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_102.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)