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Guttenberg habe seine Tochter dem jungen Kreßling zugesagt, um sich alle unangenehmen Freier vom Halse zu schaffen. Er verließ Kaufbeuren auf der Stelle und ritt nach Hohenkrähen zu seinem Waffenbruder, dem Ritter Friedinger. Dieser schritt aber, in Gedanken brütend, im Saale seines Schlosses auf und ab, als Haußner eintrat. „Woher des Weges?“ fragte Friedinger.

„Vom Ritterspiel in Kaufbeuern.“

„Pfui!“ – spottete Friedinger – „Wer wird eine Fastnachtsmummerei mit so ehrenvollem Namen belegen? Wäre ich dahin gezogen, so hätt’ ich, statt meines edlen Rosses, den Esel meines Müllers zum Ritte genommen.“

„Je nun,“ – versetzte Haußner – „man muß sich eben in die Zeit schicken!“

„Ich nehme sie auch wie sie ist,“ – entgegnete der Ritter von Hohenkrähen – „darum siehst du die Bilder meiner Ahnen hier alle verkehrt an der Wand hängen, damit sie die Schmach ihrer Abkömmlinge nicht sehen.“

Haußner meinte, wackere Männer geb’ es noch genug, die dürften nur zusammenhalten.

Friedinger schüttelte den Kopf. „Geh’ vom See abwärts“ – sprach er – „längs dem Rheine hin, bis wo das Siebengebirg steht, und zähle die gebrochenen Burgen auf beiden Seiten, und du wirst Lust bekommen, ein Karthäuser zu werden, um nichts mehr als memento mori! zu sprechen. Dieser Kaiser Max hat nun vollends durch seinen ewigen Landfrieden dem edlen Ritterthume den letzten Stoß gegeben, und was noch übrig bleibt, ist um nichts besser als Weiberkrieg mit Besen und Ofengabeln!“

„Wenn du Lust hast zu einer mannhaften Fehde, so ist jetzt Gelegenheit, denn ich komme eigentlich mit der Bitte, du möchtest mir deine Burg leihen. Mein altes Uhunest hält keinen Steinwurf mehr aus!“

„Meine Burg steht dir zu Diensten,“ – antwortete der Ritter von Hohenkrähen und reichte seinem Gaste die Hand – „aber sage mir, was hast du eigentlich vor?“

Haußner berichtete nun, wie er in Kaufbeuern sich einen Korb geholt, und darum der Stadt einen Fehdebrief senden wolle.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_101.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)