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Die Zerstörung von Hohenkrähen.
Erste Sage.

Zur Zeit, ale Kaiser Wenzel in Teutschland herrschte, hauste auf Hohenkrähen Ritter Wolf, ein tapferer Kriegsmann, in Ritterspielen wohl erfahren, aber boshaft, heimtückisch und rachsüchtig; wehrlose Pilger und Wanderer warf er nieder und beraubte sie, und weder Kirchen noch Klöster waren vor ihm sicher. Weder der Bannstrahl des Bischofs von Constanz, noch die Dolche des Vehmgerichts vermochten ihn zu schrecken. Doch endlich, als das Maas seiner Sünden voll war, traf auch ihn die gerechte Rache.

Wolf hatte einen Bruder, Werner genannt; der war gar herrlich und schön von Gestalt und Antlitz, deßhalb hatten ihm auch die Dirnen den Namen Rosenblüth gegeben. Er trug ein redliches, reines Herz in der Brust, und verstand es besser, die Laute zu schlagen und fromme Weisen zu singen, als Schwert und Lanze zu führen; daher war er auch mehr bei Frauen und Mädchen beliebt, als bei Männern, und manche Schöne hob ihren Blick voll sehnsüchtiger Liebe zu dem schmucken Jüngling. Aber Werner hatte schon lange sein Herz der holdseligen Barbara von Hornstein zugewandt und auch das ihrige schlug ihm in süßer Minneglut entgegen.

Aber einst auf einem Turnier zu Constanz sah Wolf die Geliebte seines Bruders und entbrannte in glühender Liebe zu ihr. Mit rauhen, gebieterischen Worten verlangte nun Wolf von Werner, er solle ihm, als dem älteren Bruder, nachstehen und ihm die Braut abtreten. Da fuhr aber auch der sanfte Werner auf und sprach: „Mein ist Barbara’s Liebe; ihr Vater hat mir ihre Hand zugesagt und, mögen auch alle Ritter des ganzen Gaues vor dir zittern, ich zittre nicht! Noch lebt Gott im Himmel, der Beschützer der Unschuld; noch walten die Rächer an Gottes Statt!“

Knirschend vor Grimm und Wuth verließ Wolf das Turnier und zog heimwärts, von seinen Kampfgenossen begleitet, die seinen Zorn noch mehr zu stacheln suchten. Er sann auf gräßliche, unerhörte Rache. Einige Tage später, am Samstag nach Mariä Himmelfahrt, wollte auch Werner heimziehen: Als

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_097.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)