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Als das dreißigjähr’ge Wehe
Unser Vaterland umfing,
Treu die Burg auf dieser Höhe

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An dem Fürstenstamme hing.

Oft hat Trost aus ihr gesendet,
Dem, der saß im fremden Land,
Labsal oft dem Herrn gespendet,
Eines treuen Dieners Hand.

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Du warst es, der Treu’ erwiesen,

Treu’, gediegen wie das Gold,
Noch in später Zeit gepriesen
Sey dein Name, Wiederhold!
Fünfmal zogen dicht in Schaaren

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Feinde vor das Felsenschloß,

Du nur konntest es bewahren,
Schlugst zurück der Stolzen Troß![1]

Da war jene Zeit verschwunden,
Als der Frank’ der Burg genaht,

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Und das Haus in wenig Stunden

Fiel durch feiger Männer Rath.
Diese Burg, die nie gezittert
Vor zahlloser Feinde Wuth,
Die Jahrhundert’ unerschüttert

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Stand in Stürmen fest und gut.


Hörtest du’s in Grabes Grüften,
Wiederhold, und wardst nicht wach,
Als der Frank’ in seinen Sünden
Deine stolze Veste brach? –

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Bist du nicht hervorgebrochen,

Biederheld, aus fernem Grab,
Hast du nicht die Schmach gerochen
An Dem, der die Burg ergab?[2]

Alle Pracht ist jetzt verwehet,

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Sank hinab in Schutt und Staub;

Doch die Treue nicht vergehet,
Sie wird keiner Zeit zum Raub;


  1. [94] Konrad Wiederhold, von Herzog Eberhard III. 1634 zum Kommandanten von Hohentwiel ernannt. Seine Lebensbeschreibung hat u. A. auch geliefert H. Schönhuth in dem Schriftchen: „Konrad Wiederhold als Held und Christ.“ Constanz, 1833. Ferner haben sein Andenken gefeiert G. D. Keßler und Albert Knapp.
  2. [94] Im Mai 1800 durch General Vendamme, nachdem ihr Commandant, Oberst Wolf, die Veste aus schmählicher Feigheit ihm übergeben hatte.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_092.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)