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Rettung ihres Viehes hinauseilten, in die unbewachte Stadt dringen und sich derselben bemächtigen.

Von diesem Vorhaben war Graf Wernher von Zimmern zu Mößkirch in Kenntniß gesetzt, wir wissen nicht, ob als Theilnehmer oder durch Zufall. Seit langer Zeit war er ein freundlicher guter Nachbar der Stadt und kam oft aus seinem Schlosse bei Mößkirch auf Besuch dahin. Da er nun den vom Adel gegen Pfullendorf gefaßten Anschlag nicht abzuwenden vermochte und ebensowenig denselben verrathen durfte, ward er traurig und mißlaunig, wich seinem Hausgesinde aus und schloß sich in sein Gemach ein, so daß seine Gattin, Brigitta von Gundelfingen, darüber in Sorgen gerieth und eine Gelegenheit suchte, den Grund des beunruhigenden Betragens ihres Gemahls zu erfahren. Lange blieb ihr Forschen umsonst, bis sie endlich eines Tages, da sie zufällig ein Selbstgespräch ihres Mannes belauschte, die Ursache davon entdeckte. Ihre erste Angelegenheit war nun, die Stadt auf geheime sichere Weise vor dem drohenden Unglücke zu warnen. Sie schrieb demnach ein Brieflein an den damaligen Stadtammann von Gremblich, verbarg es in einen Laib Brot und übergab ihn einem treuen Diener mit dem Auftrage, denselben in keine anderen Hände, als in die des Stadtammanns selbst abzugeben und ihm dabei zu sagen, er möge sich das Brot wohl empfohlen seyn lassen. Der Stadtammann, neugierig, den Sinn dieser räthselhaften Botschaft herauszubringen, untersuchte den Brotlaib näher und fand darin den Brief der Frau von Zimmern, welcher ihn von der nahen Gefahr unterrichtete und zur Wachsamkeit ermahnte.

Als nun der zum Ueberfall bestimmte Tag erschienen war, brach ein Haufe Reisiger der Verabredung gemäß aus einem Hinterhalt hervor und nahm die so eben ausgelassene Viehheerde der Stadt weg. Alsbald wollten die Bürger hinauseilen und ihr Vieh dem Feinde wieder absagen. Allein Stadtammann Gremblich hatte alle Thore schließen und bewachen lassen, und belehrte nun die erstaunte Bürgerschaft von dem, was so eben vorgehen sollte. Da rüstete sich Alt und Jung und sah, wie zwei andere feindliche Haufen aus dem Walde hervorbrachen und gegen die Stadt heraufsprengten, in der Meinung, die Thore offen und unbewacht zu finden, und eindringen zu können.

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_082.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)