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der Gedanke an die egyptischen Todtenkammern und Nekropolen.

Ueber den ursprünglichen Zweck und Gebrauch dieser Felsenkammern hat man keine Nachricht, und es läßt sich nichts Sicheres darüber ermitteln.

In der Umgegend glaubt man allgemein, daß sie den ersten Christen bei den ausgebrochenen Christenverfolgungen zu Schlupfwinkeln gedient haben, oder auch, daß später bei größerer Ausbreitung des Christenthums die noch übrigen Heiden der Umgegend in diesen unterirdischen Gemächern ihren heimlichen Gottesdienst gefeiert hätten. Doch auf keinen Fall können weder die verfolgten Christen noch die vertriebenen Heiden zu den obigen Zwecken sich diese Wohnungen erst gebaut haben; denn wer genöthigt ist, sich einen Schlupfwinkel zu suchen, hat wahrlich nicht so viel Zeit dazu, sich eine Zufluchtsstätte von solchem Umfang und solchem Zeitaufwand zu bereiten; denn bei einer Arbeit, die so viel Zeit und so viel Mühe erfordert, wären sie sicher vor deren Vollendung verrathen worden.

Unverkennbar ist dies ein Römerwerk; aber aus welcher Zeit und zu welchem Zweck, darüber wagen wir nicht zu entscheiden. Und auch der Name Heidenlöcher scheint dieses zu bestätigen, denn wie viele Ueberreste römischer Bauwerke in unserm Lande werden nicht mit dem Zusatze heidnisch benannt! so der Heidenkeller bei Ettenheimmünster, der Heidenberg bei Ippingen, das Heidenschloß bei Orsingen, das Heidenloch auf dem Heiligenberg bei Heidelberg etc. Uebrigens können später, als diese Höhlen leer gestanden, sehr leicht verfolgte Christen hier eine Zuflucht gefunden haben, wie dies unter Pelagius in Spanien im asturischen Gebirge mit solchen Höhlen der Fall war. Eben so wenig wollen wir in Abrede stellen, daß auch nachher verfolgte Heiden ihren heimlichen Götzendienst hier gehalten, und daß auch davon der Name Heidenlöcher, Heidenhöhlen entstanden seyn könne. Uebrigens müssen diese Kammern noch in spätern Zeiten Menschen zur Wohnung gedient haben; denn in einer derselben, deren Wände mit Kalk überworfen und von Ruß geschwärzt sind, findet sich unter dem Ueberwurf in die Wand eingehauen die Zahl 1675. Wo sich

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_064.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)