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und er that mancherlei Gelübde, falls er glücklich heimkehren sollte, doch schien der Himmel taub gegen all seinen Jammer.

In einer stürmischen Nacht träumt, es ihm einstmals, ein lichter Engel schwebe zu seinem Lager nieder und rede mit freundlichem Lächeln: „Gelobe, dich dem Dienste der Kirche zu weihen und du sollst bald deine Heimath wiedersehen.“ – Er gelobte dies mit feierlichen Schwüren, erwachte darüber und sah mit Staunen die Pforten seines Kerker vor ihm offen stehn. Nichts hinderte seine rasche Flucht, unangefochten erreichte er die Küste, wo eben ein venezianisches Kauffahrteischiff die Segel zur Rückkehr spannte und ihn aufnahm. Je näher ihm der Heimath Berge winkten, desto härteren Kampf bestund er in seinem Innern. Er gedachte der sehnsüchtig harrenden Geliebten, der endlich gewährten Wonne des Wiedersehens – aber eine dumpfe Stimme rief ihn plötzlich aus seinen Träumen wach: „Gedenke deines Gelübdes, der Kirche dich zu weihen!“

Noch vor dem Ende der Reise hatte der Himmel über das Irdische in seiner Brust gesiegt. Sein Vorsatz ward unerschütterlich.

Jetzt taucht das liebliche Eiland vor seinen Blicken empor; schon sieht er von fern am Gestade eine weibliche Gestalt wandeln – wer könnt’ es anders seyn, als seine treue Verlobte? Kalte Schauer durchrieseln seine Glieder, doch ermannt er sich und befiehlt dem Schiffer, den Nachen einer andern Uferstelle zuzulenken. Kaum gelandet, eilt er zu dem Landcomthur des deutschen Ordens, der in der Nähe seinen Sitz hatte und bittet um Aufnahme, die auch unverzüglich ihm gewährt wird. Dann sendet[WS 1] er einen Boten nach der Mainau mit einem Briefe, worin er Alles erzählt was ihn zu diesem Schritte bewegt und von der Verlobten Abschied nimmt für diese Welt.

Stumm in das Geschick sich ergebend, nahm die Jungfrau diese Botschaft auf. Ihr Entschluß war bald gefaßt. Sie trug ihre für sie nun verödete Mainau dem deutschen Orden als Geschenk an, und zwar unter der Bedingung, daß Herr von Langenstein der Nachfolger des greisen Comthurs in seiner Würde seyn sollte. Der Großmeister willigte dankbar ein und nun entließ die junge Freyin all’ ihre Dienerschaft, nachdem sie unter dieselbe vertheilt hatte, was sie nur an Gold und


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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_046.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)