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ließ, daß Niemand, bei Lebensstrafe, ein Wort bis zu Ende des Kampfes reden, sonst ein Geräusch machen oder die Schranken überschreiten solle.

Als nun tiefe Stille im Volke herrschte, rief Ulrich Schilter: „Wohlauf in Gottes Namen. Zum ersten, zum anderen, zum dritten Mal! Beginnet euren Kampf!“ Auf dieses Losungswort giengen beide Kämpfer auf einander los, stachen, schlugen, hieben und trieben einander eine gute Weile in dem Kreis herum, bis endlich der Riem den Roth überhalb des Schildes mit dem Schwert in die etwas entblößte Achsel traf und demselben so in den Arm hieb, daß er kaum noch an der untern Haut hing. Riem trat sogleich nach diesem Hiebe einige Schritte zurück, strauchelte aber und fiel auf den Rücken; Roth jedoch stürzte trotz seiner schweren Wunde auf ihn zu und warf sich auf seinen Leib, um ihn zu erstechen; allein die Kräfte waren ihm durch den großen Blutverlust entschwunden, so daß es Riem gelang, ihm das Schwert aus der Hand zu winden und es ihm unter der linken Achsel in die Brust zu stoßen, sich wieder aufzuraffen und auf den bewußtlosen Roth zu knieen. Dessen Ohnmacht nicht bemerkend, rief er ihm nun zu: „Ergiebst du dich und willst du jetzt bekennen, daß ich unschuldig bin?“ – Roth aber, wahrscheinlich bereits todt, gab keine Antwort mehr, worauf Riem in blinder Wuth ihm die Klinge durch das Herz bohrte, dann niederkniete und Gott für den Sieg dankte. Seine Unschuld ward nun öffentlich anerkannt und hergestellt; die blutige Leiche Roths wurde auf derselben Stelle beerdigt.

Nicht lange hernach gebar eine Frau in der Vorstadt Paradies ein Kind, welches nur einen Arm hatte. Diese hatte nämlich während ihrer Schwangerschaft heimlich vom Göltinger Thor aus dem Zweikampfe zugeschaut und sich an dem abgehauenen Arme Roths versehen.“

(Auszug aus J. F. Speth’s, des Constanzer Sydnikus „Dreibogige Constanzische Ehrenporte.“ Constanz 1733 bei Conrad Weibel. S. 297 ff.)
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_035.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)