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Als wie ein hungriger Geier,
Da sprach der Huß
Den Abschiedsgruß,

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Das Flammenwort aus dem Feuer:


„Die Flamme frißt ein Kaiserwort,
Man weiß nicht, ob’s gewesen;
Doch Gottes Wort bleibt ewig fort,
In Flammen steht’s zu lesen.

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Mein Vaterland, du herrlich Land!

Was Kaiserwort, hast du erkannt,
Es hält nicht gar beständig.
Doch Gott ist treu,
Drum werde frei,

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Gott macht die Todten lebendig!“


Und als der Leib in Asch’ zerfiel,
Frei athmeten die Pfaffen;
Sie ließen drauf ein böses Spiel
Von Henkers Händen schaffen;

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Der Henker nahm im frechen Raub

Des edlen Hußen heil’gen Staub
Und blies ihn nach allen vier Winden;
An keinem Ort –
Wie Kaisers Wort –

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Sollt er sein’s Bleibens finden.


Doch Vöglein kamen allerhand
Geschäftig hergeflogen,
Sie wuschen rein am Seees Strand
Die Flüglein in den Wogen,

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Und stahlen weg des Märt’rers Staub

Und trugen treu den edlen Raub
Nach Böheim unter den Flügeln.
Sie luden ihn ab
In ein großes Grab,

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Umschanzt von Wäldern und Hügeln.


Wo ist das Grab, wo er Ruhe fand,
Wer kann die Stätte mir nennen?

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_026.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)