Der Fremde schaudert, er athmet schwer:
„Dort hinten die Eb’ne, die ritt ich her!“
Da recket die Magd die Arm in die Höh’:
„An den Schlund, an die Tiefe bodenlos
Hat gepocht des rasenden Hufes Stoß!
„Und unter dir zürnten die Wasser nicht?
Nicht krachte hinunter die Rinde dicht?
Der hungrigen Hecht’ in der kalten Fluth?“ –
Sie rufet das Dorf herbei zu der Mähr,
Es stellen die Knaben sich um ihn her;
Die Mütter, die Greise, sie sammeln sich:
„Herein zum Ofen, zum dampfenden Tisch,
Brich mit uns das Brod und iß vom Fisch!“
Der Reiter erstarret auf seinem Pferd,
Er hat nur das erste Wort gehört.
Dicht hinter ihm grinset noch die Gefahr.
Es sieht sein Blick nur den gräßlichen Schlund,
Im Geist versinkt er im schwarzen Grund.
Im Ohr ihm donnerts, wie krachend Eis,
Da seufzt er, da sinkt er vom Roß herab,
Da ward ihm am Ufer ein – trocken Grab.
1)Bekanntlich ist der Bodensee, bei all seiner großen Tiefe, schon mehrmals in strengen Wintern gänzlich zugefroren. Man berichtet solches von den Jahren 1277, 1435, 1560, 1573, 1587, 1695, 1788 und 1830.
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagenbuch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_013.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)