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Und wie nun auf den weiten Auen

Des ersten Sabbaths Ruhe schlief,
Ließ sich der Bote Gottes schauen
Im lichten Wolkenkranz und rief.
Da scholl gleich donnernden Posaunen

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Des Engels Stimme durch den Ort,

Es horchten Erd’ und Fluth mit Staunen,
Und sie vernahmen Gottes Wort:

„Gesegnet bist du, stille Fläche,
Vor vielem Land und vielem Meer!

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Ja rieselt fröhlich nur, ihr Bäche,

Ja ströme, Fluß, nur stolz einher!
Ihr hüllet euch in einen Spiegel,
Der große Bilder bald vereint,
Wenn Einer, der der Allmacht Siegel

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Trägt auf der Stirn – der Mensch, erscheint.


Erst lebt ein dumpf Geschlecht, vergessen
Sein selbst, im Walde mit dem Thier;
Dann herrscht ein Fremdling stolz, vermessen,
Ein Sieger mit dem Schwerte hier;

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Er zimmert sich den Wald zu Schiffen,

Eröffnet Straßen, haut ein Haus;
Dann hat ihn Gottes Hand ergriffen,
Und schleudert ihn zum Land hinaus.

Und führt den Stamm mit goldnen Haaren,

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Mit blauem Aug’ an’s Ufer her;

Er hat noch Nichts vom Herrn erfahren,
Sein Gott ist Eiche, Fluß und Meer;
Doch schläft im tüchtigen Gemüthe
Noch unerweckt des Ew’gen Bild,

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Ein Strom der höchsten Kraft und Güte

In seinen vollen Adern quillt.

Der Himmel wird ihm Boten senden,
Die sagen ihm von Gottes Sohn,
Die bauen mit getreuen Händen

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In dichten Wäldern seinen Thron.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_002.jpg&oldid=- (Version vom 6.1.2018)