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Isaak von Ninive: Ausgewählte Abhandlungen des Bischofs Isaak von Ninive (Bibliothek der Kirchenväter, Band 38)

Eingang in jenes Thor, durch welches jede Kreatur hindurchziehen muß, Verachtung der Welt und eifriges Ringen nach der Tugend.

Alle diese Dinge werden durch jene natürliche Erkenntniß gefunden. Der Mensch prüfe also seinen Wandel an ihnen! Wenn sie an ihm vorhanden sind, so wandelt er auf dem Wege der Natur.

Wenn er sich aber über dieselben erhoben hat und zu der Liebe gelangt ist, so hat er sich auch über die Natur erhoben, und Kampf, Furcht und Ermüdung sind von ihm gewichen.[1]

Mit dem eben Gesagten möge ein Jeder seinen eigenen Seelenzustand vergleichen, um zu erfahren, auf welchem Wege er wandelt, ob unter oder über der Natur!

Aus den vorher deutlich angegebenen Bestimmungen kann der Mensch leicht seinen ganzen Lebenswandel beurtheilen. Wenn du dich nicht in den eben beschriebenen Kennzeichen der Natur befindest, auch nicht in denen des übernatürlichen Lebens, so ist es klar, daß du unter die Natur hinabgeworfen bist.

(Aus Zingerle, Monumenta syriaca, S. 97—99; vgl. die griechische Uebersetzung, S. 92—96.)

Anmerkungen

  1. Die griechische Übersetzung hat hier folgenden, offenbar auf einer Glosse beruhenden Zusatz: „Diese Dinge folgen auf die natürliche Erkenntniß und finden sich in uns, wenn wir sie nicht durch unseren die Lüste liebenden Willen unterdrücken. Wir bleiben aber so lange in ihnen, bis wir zu der Liebe gelangen, welche uns von allem Diesem befreit.“
Empfohlene Zitierweise:
Isaak von Ninive: Ausgewählte Abhandlungen des Bischofs Isaak von Ninive (Bibliothek der Kirchenväter, Band 38). Jos. Koese’lsche Buchhandlung, Kempten 1874, Seite 399. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BKV_Erste_Ausgabe_Band_38_399.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)