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Aphraates, Rabulas, Isaak von Ninive in der Übersetzung von Gustav Bickell: Ausgewählte Schriften der syrischen Kirchenväter (BKV Band 38)

deßhalb wird er gefesselt, bis daß er sein Strafurtheil abgebüßt hat, und alsdann verzeiht ihm der König sein Vergehen. Ein Anderer ist dem Herzen des Königs theuer und wird deßhalb ausserhalb des Kerkers, ohne Ketten und Banden, in Gewahrsam gehalten. Nun ist doch ein Unterschied zwischen Hinrichtung und Gefängniß, und der Eine wird, je nach Verdienst seines Verbrechens, härter als der Andere bestraft. Vernimm noch unseren Erlöser, welcher sagt:[1] „In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen.“

Über das, was ich dir schreibe, mein Freund, streiten Menschen von geringer Einsicht und fragen: An welchem Orte empfangen die Gerechten ihre Belohnung, und an welchem Orte werden die Gottlosen zur Strafe ihrer Thaten gequält? O Mensch, der du so denkst, ich will dich fragen, sage mir: Ist nicht der Tod Dasjenige, was Tod genannt wird, und die Hölle Dasjenige, was Hölle genannt wird? Denn es steht geschrieben, daß, als Kore und seine Genossen sich gegen Moyses auflehnten, die Erde ihren Schlund öffnete und sie verschlang, so daß sie lebendig in die Hölle hinabstiegen. Der Schlund der Hölle ist also derjenige, welcher sich damals in der Wüste geöffnet hatte. Auch David sagt: „Die Gottlosen werden in die Hölle zurückkehren.“ Wir behaupten also, daß die Gottlosen in dieselbe Hölle zurückkehren werden, von welcher Kore und seine Genossen verschlungen worden sind. Gott könnte nach seinem Willen und Belieben das ewige Leben entweder im Himmel oder auf Erden verleihen. Jesus, unser Herr, sprach: „Selig sind die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich.“ Und dem einen der mit ihm Gekreuzigten, welcher an ihn glaubte, versprach er mit einem Eidschwur: „Du wirst mit mir im Paradiese Eden sein.“ Auch der Apostel[2] sagt: „Wenn die Gerechten auferstehen, werden sie unserem Erlöser entgegen fliegen.“ Wir aber sagen also: Wahr ist das Wort unseres Erlösers, daß Himmel und Erde vergehen werden. Ebenso sagt der Apostel:[3] „Die Hoffnung auf etwas Sichtbares ist keine


  1. Joh. 14, 1.
  2. I. Thessal. 4, 17.
  3. Röm. 8, 24.
Empfohlene Zitierweise:
Aphraates, Rabulas, Isaak von Ninive in der Übersetzung von Gustav Bickell: Ausgewählte Schriften der syrischen Kirchenväter (BKV Band 38). Jos. Koese’lsche Buchhandlung, Kempten 1874, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BKV_Erste_Ausgabe_Band_38_146.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)