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Nacht wieder verschlungen hat! Kam er mir doch wahrhaftig vor, wie einer von den falben ungestalten Nachtschmetterlingen, die wie aus einem phantastischen Traume entflogen durch die Dämmerung schwirren, und mit ihrem langen Katzenbarte und gräßlich großen Augen ordentlich ein Gesicht haben wollen. Florio, der sich mit Donati schon ziemlich befreundet hatte, äußerte seine Verwunderung über dieses harte Urtheil. Aber der Sänger, durch solche erstaunliche Sanftmuth nur immer mehr gereizt, schimpfte lustig fort und nannte den Ritter, zu Florio’s heimlichem Aerger, einen Mondscheinjäger, einen Schmachthahn, einen Renomisten in der Melancholie.

Unter solcherlei Gesprächen waren sie endlich bei der Herberge angelangt, und Jeder begab sich bald in das ihm angewiesene Gemach.

Florio warf sich angekleidet auf das Ruhebett hin, aber er konnte lange nicht einschlafen. In seiner von den Bildern des Tages aufgeregten Seele wogte und hallte und sang es noch immer fort. Und wie die Thüren im Hause nun immer seltner auf und zugingen, nur manchmal noch eine Stimme erschallte, bis endlich Haus, Stadt und Feld in tiefe Stille versank: da war es ihm, als führe er mit schwanenweißen Seegeln einsam auf einem mondbeglänzten Meer. Leise schlugen die Wellen an das Schiff, Sirenen tauchten aus dem Wasser, die alle aussahen, wie das schöne Mädchen mit dem Blumenkranze vom vorigen Abend. Sie sang so wunderbar, traurig und ohne Ende, als

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Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Vereinsbuchhandlung, Berlin 1826, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_dem_Leben_eines_Taugenichts_und_das_Marmorbild.djvu/156&oldid=- (Version vom 31.7.2018)