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Nov. 6.
genommen habt.“ Hierauf erwiderten die römischen Bischöfe und die Kardinalpriester und Diakonen, mit dem ganzen Volke: „Wir wundern uns, daß eure heiligste Weisheit das von uns zu erforschen wünscht, was nicht den Iberern, nicht den Babyloniern, ja nicht einmal den Bewohnern Indiens unbekannt ist. Denn dieser gehört gar nicht mehr zu denen, welche in Schafskleidern kommen, inwendig aber reißende Wölfe sind[1]; er wüthet so offenbar, er treibt so offen des Teufels Werk, daß er es gar nicht zu verbergen sucht.“ Der Kaiser antwortete: „Es scheint uns billig, daß die Beschuldigungen einzeln vorgebracht werden; dann wollen wir gemeinschaftlich berathschlagen, was zu thun sei.“ Da erhob sich der Kardinalpriester Petrus, und bezeugte daß er gesehen habe, wie der Papst die Messe gefeiert habe, ohne zu communiciren. Der Bischof Johannes von Narni und der Kardinaldiakon Johannes erklärten, sie hätten gesehen, wie jener einen Diakon in einem Pferdestall und nicht zu der festgesetzten Zeit geweiht habe. Der Kardinaldiakon Benedict und die übrigen Diakonen und Priester sagten aus, sie wüßten daß der Papst Bischofsweihen für Geld ertheile, und daß er einen zehnjährigen Knaben zum Bischof von Todi geweihet habe. Nach dem Kirchenraub, sagten sie, brauche man nicht zu fragen, denn darüber belehre uns der Augenschein besser als alle Worte. Ueber seine ehebrecherischen Handlungen sagten sie aus, sie hätten zwar dergleichen mit Augen nicht gesehen, wüßten aber ganz gewiß, daß er mit der Witwe des Rainer, mit der Stephana, einer Beischläferin seines Vaters, und mit der Witwe Anna, sammt deren Nichte, Unzucht getrieben, und den heiligen Palast zu einem Hurenhaus und Bordell gemacht habe. Sie bezeugten ferner, daß er öffentlich der Jagd nachgegangen sei, daß er seinen Beichtvater Benedictus habe blenden lassen, und derselbe sei bald darauf gestorben; den Kardinal und Subdiakon Johannes

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Liudprand: Aus Liudprands Werken. Verlag der Dyk'schen Buchhandlung, Leipzig 1890, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_Liudprands_Werken.pdf/134&oldid=- (Version vom 22.4.2023)
  1. Matth. 7, 15.