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947 3. Berengar überlegte nun mit seiner gewohnten Listigkeit, wen er am besten dahin schicken könne, ohne ihm etwas für die Kosten der weiten Reise zu geben; und er wandte sich an meinen Stiefvater, unter dessen Obhut ich damals lebte, und sprach zu ihm: „Was gäbe ich nicht darum, wenn dein Stiefsohn griechisch verstände!“ Jener erwiederte: „Daß ich doch die Hälfte meines Reichthums dafür hingegeben hätte!“ Berengar aber sagte: „Nicht den hundertsten Theil brauchst du zu spenden. Sieh! der Kaiser von Konstantinopel schreibt mir und bittet, daß ich einen Gesandten an ihn schicke. Dazu paßt niemand besser als dein Stiefsohn, sowohl wegen der Festigkeit seines Charakters als auch um seiner Beredsamkeit willen. Was soll ich dir erst sagen, mit welcher Leichtigkeit er die Lehren der Griechen einsaugen wird, da er den Becher des Lateinischen schon in seinen Knabenjahren bis auf den Grund geleert hat?“ Durch solche Hoffnung ließ sich mein Stiefvater sogleich gewinnen, gab alle Kosten her, und schickte mich mit großen Geschenken nach Konstantinopel.949

4. Am ersten August verließ ich Pavia und gelangte auf dem Po abwärts fahrend, in drei Tagen nach Venedig. Hier traf ich den Kitonita d. h. Kämmerer Salomo, einen Verschnittenen, welcher als Botschafter der Griechen in Hispanien und in Sachsen gewesen war, und nunmehr nach Konstantinopel zurückkehren wollte. Ihn begleitete, mit großen Geschenken, ein Abgesandter unsers Herren, damals König, jetzt Kaisers Otto, Liutfrid, ein überaus reicher Kaufmann aus Mainz. Wir reisten am 25. August von Venedig ab und langten am 17. Sept. in Konstantinopel an. Auf wie unerhörte und wunderbare Weise man uns aber da empfangen hat, das soll mich nicht verdrießen zu erzählen.

5. In Konstantinopel ist eine Halle die an den kaiserlichen Palast stößt, von wunderbarer Größe und Schönheit; die Griechen

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Liudprand: Aus Liudprands Werken. Verlag der Dyk'schen Buchhandlung, Leipzig 1890, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_Liudprands_Werken.pdf/115&oldid=- (Version vom 16.4.2023)