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Schätze geöffnet hätten, so war er unvermögend, davon Gebrauch zu machen. Daß er ein sehr arger literär. Betrüger gewesen, beweiset seine Reisebeschreibung, in welcher er mit gränzenloser, ich möchte sagen, mit classischer Unverschämtheit Lügen auf Lügen häuft, daß ich schon oft gezweifelt habe, ob er dieses Buchs alleiniger Verfasser sey. Es schien mir unmöglich, daß ein einzelner Mensch so viele Unwahrheiten an eine bestimmte, ihm wohlbekannte Localität knüpfen könne.“

So weit die Nachrichten und das Urtheil des Berichterstatters über Beckers Persönlichkeit und Charakter; sie sind, wie jeder von selbst fühlt, eben nicht geeignet, seiner Angabe über die von ihm angeblich neu benutzte Quelle den mindesten Glauben zu verschaffen.

Es läßt sich aber aufs bündigste beweisen, daß Becker mit seinem Werke über Winrichs von Kniprode Regierungsgeschichte einen förmlichen Betrug spielte und daß es richtig geurtheilt ist, wenn er „ein arger literärischer Betrüger“ genannt wird. Wir entnehmen unsere Gründe zu dieser Behauptung zuerst aus äußeren Verhältnissen. Erstens nämlich wird dieses Chronicons des Vincenz von Mainz von keinem der ältern und neuern Chronisten als einer Quelle der Preussischen Geschichte erwähnt; es kennt es weder Simon Grunau, wo er im Anfange seiner Chronik über die alten Preuss. Chroniken spricht, noch Lucas David, noch Henneberger oder Schütz, obgleich diese beiden nach den Vorreden ihrer Werke alle ihre benutzten Quellen aufzählen. Auch das Ordensarchiv zu Königsberg weiset mit keiner Spur auf das ehemalige Daseyn dieser Chronik des Vincenz von Mainz hin. So ist Becker der Erste und der Letzte, der diese Quelle gesehen und benutzt haben will. – Noch wichtiger aber ist zweitens, daß es gar keinen Kaplan des Hochmeisters Winrich von Kniprode mit Namen Vincenz von Mainz jemals gegeben hat. Wir kennen aus Urkunden die Kaplane dieses Meisters aufs allergenaueste. Im J. 1349 bis 1352 war Johannes Kaplan des Hochmeisters Hinrich Dusmer von Arffberg. Als Winrich von Kniprode Meister ward, erkor er den Priesterbruder Wiebold zu seinem Kaplan und als solchen finden wir diesen bis gegen das J. 1362; darauf wurde der Ordenspriester Nicolaus sein Nachfolger bis zum J. 1377 und im folgenden Jahre bis zu Winrichs Tod bekleidete der Priesterbruder Pilgerim die Stelle des hochmeisterlichen Kaplans. Da es gewöhnlich war, daß mitunter auch die Kaplane des Hochmeisters als Zeugen in Urkunden mit aufgeführt wurden, so sind wir über diese Kaplane Winrichs eben so gewiß unterrichtet, als wir bestimmt behaupten können, daß kein Vincenz in den Jahren 1349 bis 1386