Seite:Auf dunklem Pfade.pdf/8

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

da das Eiland ohne Zweifel ganz unbewohnt war. Wiederum schliefen die Gefährten an Deck. Der Mond hatte sich soeben hinter einer dunklen Wolkenwand versteckt, als das stille Wasser des Ankerplatzes des Delphins in jene eigentümliche Bewegung geriet, die ein schnell, aber lautlos schwimmender Mensch durch die Ruderarbeit seiner Gliedmaßen hervorruft. Gleich darauf schob sich ein Arm über die gewölbte Bordwand des Bootes hinweg, und eine Hand tastete nach dem niedrigen, umklappbaren Eisengeländer, welches das Deck abgrenzte. Eine zweite Hand folgte, und nun schwang sich ein völlig unbekleideter Mann, dem um das Gesicht ein verwitterter, langer Bart wuchs, auf den Delphin hinauf und huschte geräuschlos dem Turme zu, dessen Luke offen stand.

In diesem Augenblick erwachte Heinrich, da ihn irgend ein Insekt in die Wange gestochen hatte. Noch halb schlaftrunken richtete er sich ein wenig auf und wurde so gewahr, wie der ungebetene Besucher im Turme verschwand. Erst glaubte er an eine Sinnestäuschung. Dann aber bemerkte er beim Scheine des von der Wolke wieder freigegebenen Nachtgestirns die frischen, nassen Fußtapsen auf dem dunkelgrau gestrichenen Deck, wußte dadurch, daß tatsächlich ein Fremder an Bord sei, rüttelte vorsichtig den Chemiker wach und teilte ihm das Beobachtete mit.

Seiffert sprang sogleich auf die Füße, nahm den stets neben ihm liegenden Revolver in die Rechte und schlich dem Eindringling nach – besser, er wollte hinter dem Unbekannten drein. Dieser hatte jedoch infolge der im Innern des Bootes herrschenden Dunkelheit seinen Plan, sich heimlich mit Lebensmitteln und anderen Dingen zu versorgen, schon wieder aufgegeben und tauchte mit dem Kopf in demselben Moment in der runden Turmluke auf, als der Chemiker ihm folgen wollte.

Dieser rief den Mann in englischer Sprache sehr energisch an:

„Halt – oder ich schieße! – Bleibt stehen – keine Bewegung, sofern Ihr nicht wollt, daß –“

Empfohlene Zitierweise:
W. Belka: Auf dunklem Pfade. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Auf_dunklem_Pfade.pdf/8&oldid=- (Version vom 31.7.2018)