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streckten die Felsen sich ins Blau der Nacht. Welch ein Friede hier, dachte Robert. Am Ende kann doch noch alles gut werden? Ob in einem solchen Frieden nicht auch Otto genesen könnte? Er muß wieder gesund werden! Er muß! Hätte ich selber denn noch eine ruhige Stunde, ja, vermöchte ich weiter zu atmen, wenn er nicht wieder gesund würde? Und er wußte, daß kein Mensch auf Erden lebte, der ihm teuerer war als Otto – fühlte wieder einmal, daß es kein Verhältnis von so innerster, naturgewollter Beständigkeit gab als das von Bruder zu Bruder, daß es tiefer mit den Wurzeln alles Seins verschlungen war als das zu Eltern, Kindern und Geliebten; und er war entschlossen, des Verhängnisses Herr zu werden, das diese geheimnisvollsten und zugleich stärksten aller Bande zwischen Mensch und Mensch zu zerreißen drohte.

Ein fernes Pfeifen ertönte, klang immer näher, die Geräusche des herankommenden Zuges verstärkten sich, schwarz, pfauchend fuhr er ein. Ein Herr in kurzem Jagdpelz stieg aus, dann zwei Bauern und eine alte Frau. Ein Träger kam gelaufen, nahm mit devotem Gruß dem Herrn im Jagdpelz das Gepäck ab; ein Pfiff, der Zug setzte sich wieder in Bewegung, fuhr ins Dunkle und verschwand.

Robert stand da, sah ihn verschwinden und verstand nicht recht. Nach einiger Zeit erst verließ er

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Arthur Schnitzler: Flucht in die Finsternis. Berlin: S. Fischer, 1931, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arthur_Schnitzler_%E2%80%93_Flucht_in_die_Finsternis_%E2%80%93_161.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)