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Kachelofen nach einiger Zeit die Holzscheite zu glimmen und zu knistern begannen, setzte er sich, noch immer im Pelz, auf den schwarzen, ans Bett gerückten breitlehnigen Lederstuhl. Drei einsame Stunden lagen vor ihm. Sein Vorsatz war, die Zeit zu benutzen, um für alle Fälle in knapper Form die Umstände niederzuschreiben, die ihn zu seiner plötzlichen Abreise bestimmt hatten; ob nun das, was er zu schreiben gedachte, jemals von irgendeinem Menschen gelesen werden oder ob es nur zu seiner eigenen Sammlung und Beruhigung dienen sollte.

Er ließ sich ein paar Bogen Kanzleipapier bringen, setzte sich an den Schreibtisch, und mit einer Sicherheit des Wortes, wie sie ihm sonst nicht zur Verfügung stand, in kurzen, eindringlichen Sätzen, warf er, da er ganz unwillkürlich mit Daten seiner Geburt und frühesten Kindheit begonnen, einen Abriß seines ganzen Lebens bis zum heutigen Tage aufs Papier.

Er schrieb mit fliegender Feder zwei Stunden lang; und die letzten Worte, die er, vorläufig abschließend, hinsetzte, lauteten: „Ahnung eigener Mitschuld an der Wahnidee meines Bruders. Wir beide vielleicht Erscheinungsformen ein und derselben göttlichen Idee? Einer von uns beiden mußte ins Dunkel. Es ward über ihn verhängt, obwohl früher meine Schale hinüberneigte.“ Er verschloß das Geschriebene in

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Arthur Schnitzler: Flucht in die Finsternis. Berlin: S. Fischer, 1931, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arthur_Schnitzler_%E2%80%93_Flucht_in_die_Finsternis_%E2%80%93_159.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)