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im Leben seines Freundes Kunde erhalten. Durch Roberts Versicherung, daß ihm die öffentliche Bekanntgabe von Verlobungen stets als eine überflüssige und unzarte Einrichtung erschienen sei, ließ Leinbach sich unschwer beschwichtigen und führte sogar in Ergänzung von Roberts Anschauungen aus, daß man seiner Überzeugung nach in einer höher kultivierten Zeit auch von der Verkündigung vollzogener Heiraten, insbesondere aber von öffentlichen Hochzeitsfeiern als von einer völlig barbarischen Sitte Abstand nehmen würde. Robert ließ ihn eine Weile weiterreden, um ihn sich günstig zu stimmen, endlich aber, als sich Leinbach seiner Gewohnheit nach in endlose philosophische Erörterungen verlieren wollte, unterbrach er ihn mit der Bemerkung, daß er ihn aus einem ganz bestimmten, leider recht ernsten Grunde zu einer Unterredung hierher gebeten habe. Und unter dem Siegel strengster Verschwiegenheit vertraute er ihm seine Besorgnisse wegen Ottos Gesundheitszustand an und fragte ihn, ob nicht auch ihm in der letzten Zeit der unruhige Blick, die übertriebene Reizbarkeit, der sonderbare Gang Ottos aufgefallen sei.

„Ich sehe ihn selten“, sagte Doktor Leinbach und zog die Stirn in Falten.

„Ich möchte gleich bemerken“, fuhr Robert fort, „daß ich nicht der einzige bin, der Otto verändert

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Arthur Schnitzler: Flucht in die Finsternis. Berlin: S. Fischer, 1931, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arthur_Schnitzler_%E2%80%93_Flucht_in_die_Finsternis_%E2%80%93_121.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)