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Referat vorläufig weiter vertreten.“ Sollte man damit gerechnet haben, dachte Robert flüchtig, daß ich nicht wiederkomme? Dann fiel ihm ein, daß Baron Prantner, der in Trauer gekleidet war, im Laufe des Sommers seine Frau verloren hatte. Obwohl Robert ihm schon von der Reise aus sein Beileid kundgegeben hatte, hielt er es doch für angebracht, auch jetzt einige Worte der Teilnahme zu äußern. Der Baron drückte ihm die Hand und sah zu Boden. Hm, dachte Robert, sollte er sie auch umgebracht haben? Das ist vielleicht viel häufiger, als man ahnt. Es wäre interessant, diesen Dingen nachzugehen. Vielleicht ahnt er das gleiche von mir und ist darum so auffallend liebenswürdig. Gibt es am Ende eine Art Freimaurerzeichen für uns Mörder? Sonderbar, er hält noch immer meine Hand fest …

In diesem Augenblick trat Hofrat Palm ein. Robert erwiderte den Willkommgruß des Hofrats mit Unbefangenheit, und bald war zwischen den drei Herren ein berufliches Gespräch im Gange, im Verlauf dessen Robert Gelegenheit nahm, seine Ideen zur Umgestaltung des musikalischen Unterrichtswesens vorzubringen. Man hörte ihn mit Interesse an. Nachher stattete er einigen Amtskollegen in ihren Kanzleien Besuche ab; und manche beglückwünschten ihn zu seiner Genesung in so scherzhaftem Ton, als hätten sie seine Erkrankung nie recht ernst genommen.

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Arthur Schnitzler: Flucht in die Finsternis. Berlin: S. Fischer, 1931, Seite 084. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arthur_Schnitzler_%E2%80%93_Flucht_in_die_Finsternis_%E2%80%93_084.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)