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IV

Bald darauf trat er aus dem Tor des Gasthofs, behagte sich in der Vorstellung, als Fremder in den Straßen einer unbekannten Stadt umherzuspazieren, und nahm mit Absicht sein Mittagessen in einem Gasthaus, in das er früher niemals eingetreten war. Dann begab er sich auf die Suche nach einer Wohnung, lief stundenlang in verschiedenen Häusern treppauf, treppab, besichtigte Dutzende von leeren und von bewohnten Räumen, störte irgendwo eine junge Dame beim Klavierspiel, unterbrach anderswo einen Lehrer beim Unterricht zweier Knaben, unterhandelte mit zuvorkommenden, gleichgültigen und mürrischen Vermietern und Hausbesorgern und konnte sich bei all dem niemals vorstellen, daß sein ganzes Unternehmen ernst gemeint sei und zu einem bestimmten Ziel führen sollte. Einmal geriet er in eine Straße, wo Erinnerungen einer längstvergangenen Zeit ihn umschwebten; hinter jenem Eckfenster im zweiten Stock hatte er vor vielen Jahren glückliche oder doch zum mindesten angenehme Stunden verlebt; und nicht eben schmerzlich, sondern eher wie einer kleinen Unannehmlichkeit wurde er sich

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Arthur Schnitzler: Flucht in die Finsternis. Berlin: S. Fischer, 1931, Seite 029. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arthur_Schnitzler_%E2%80%93_Flucht_in_die_Finsternis_%E2%80%93_029.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)