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sich durchdringen lassen, Helena Faustens Sprache lernen. Des Deutschen Schwärmerei in Sehnsucht und Träumen, des Deutschen Phantastik in Humor und in Leidenschaft bemächtigen sich der antiken Schönheit — nur so verwandelt konnte sie in dem Naturbilde, das vom Modernen zum Spiegel der Seele gemacht ward, aufgehen. Welch wundersame Mischung von Naivität und Empfindsamkeit, von Unbewußtsein und Bewußtsein, von Natürlichkeit und Absichtlichkeit in diesen Geschöpfen, die, nach Jahrtausenden auferweckt, zugleich in Vergangenem und im Gegenwärtigen zu leben genötigt sind!

Wie dem Wesen, so hatte aber auch der Erscheinung nach der antike Mensch sich zu verwandeln, sollte er nicht von dem modernen Landschaftsstimmungsbilde als ein Heterogenes ausgeschlossen bleiben. Dies ist das andere Phänomen, das mit dem soeben geschilderten zwar innig verbunden ist, aber doch besonders betrachtet sein will. Erkannten wir früher, daß das Landschaftliche, um dem antiken Menschen angenähert zu werden, plastisch werden mußte, so zeigt sich nun die in Böcklins Ideal begründete Notwendigkeit, das plastische Wesen der griechischen Gestalt dem Malerischen der neueren Naturauffassung anzunähern. Hatten, wie die antiken Dichtungen, so auch antike Bildwerke die Phantasie des Künstlers während seines ersten italienischen Aufenthaltes inspiriert, «erkannte», «ergriff» sein verlangendes Gefühl in ihnen die Schönheit, vor welcher «wie Nebel zerstiebte trübsinniger Wahn», so mußte sein schöpferischer Sinn in ihr doch nicht ein starres Unveränderliches, sondern ein immer neu zu Gestaltendes gewahren. Er, der Maler, erblickte den

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Henry Thode: Arnold Böcklin (Gedenkworte). Carl Winter’s Universitätsbuchhandlung, Heidelberg 1905, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arnold_B%C3%B6cklin.pdf/19&oldid=- (Version vom 31.7.2018)