Seite:Anzeiger der Finnisch-ugrischen Forschungen 09 004.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

in Schweden als in Dänemark spuren vom märchen vorhanden sind, muss dieser schluss für voreilig angesehen werden. Aus den westfinnischen aufzeichnungen wäre es somit vielleicht möglich eine skandinavische märchenform zu konstruiren.

Das sog. Fortunatusmärchen von den drei zaubergegenständen und den wunderbaren früchten weist in die entgegengesetzte richtung. Vertreten mit 66 finnischen, 32 slavischen, 56 sonstigen europäischen aufzeichnungen und einer arabischen variante aus Ägypten[1], ist sie sichtlich in Westeuropa entstanden.

Die urform des märchens kann folgendermassen festgestellt werden.

Drei brüder, soldaten, erlösen verzauberte jungfrauen, indem sie während je einer nacht misshandlungen ertragen, und erhalten von ihnen als belohnung: der eine einen geldbeutel, der niemals leer wird, der zweite ein horn, das ein heer hervorzaubert, und der dritte einen mantel, der den besitzer bringt, wohin er will. Der eigentümer des geldbeutels beginnt ein so grossartiges leben zu führen, dass er am königshofe bekannt wird. Die königstochter lässt sich den beutel zeigen und entwendet ihn. Mit dem zweiten gegenstande, welchen derselbe junge von seinem bruder erhält, geht es ebenso. Mit dem vom dritten bruder erhaltenen mantel geht der junge nochmals zur königstochter und entführt sie vermittelst desselben auf eine ferne insel. Dort betrügt ihn das mädchen wieder und entflieht auf dem zaubermantel nachhause. Der junge findet auf der insel einen apfelbaum und isst von den äpfeln, bemerkt aber mit entsetzen, dass ihm hörner am kopf gewachsen sind. Später trifft er andere äpfel an, und als er davon verzehrt, verschwinden die hörner. Unerkannt kommt er zum königshofe zurück, und es glückt ihm von den ersteren äpfeln der königstochter zu verkaufen, die ohne schlimmes zu ahnen von ihnen isst und hörner an den kopf bekommt. Dann tritt er als fremder arzt auf und bietet seine hülfe an. Nachdem er die königstochter gezwungen, die entwendeten gegenstände zurückzugeben, reicht er ihr vom guten apfel, dass die hörner verschwinden.

Von der einleitung des märchens finden wir drei hauptformen vor, zwischen welchen dem verfasser die entscheidung schwer fällt. Halten wir uns aber daran, dass die drei brüder ursprünglich soldaten gewesen sind, so scheidet die form, in welcher die zaubergegenstände einfach geerbt werden und die brüder nie als soldaten



  1. Die p. 125–6 angeführten asiatischen märchen sind nicht varianten dieses, sondern des folgenden, dritten märchens.
Empfohlene Zitierweise:
Kaarle Krohn, Emil Nestor Setälä, Yrjö Wichmann (Hrsg.): Anzeiger der Finnisch-ugrischen Forschungen, Band 9. Red. der Zeitschrift; Otto Harrassowitz, Helsingfors; Leipzig 1909, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Anzeiger_der_Finnisch-ugrischen_Forschungen_09_004.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)