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Alle bisherigen Erfahrungen weisen darauf hin, daß es sich im Innern des Gletschers wirklich auf die angegebene Weise verhält, so weit man hat eindringen können. Bei seinen Bohrversuchen im Jahr 1842 auf dem Aargletscher fand Agassiz die Temperatur immer auf 0°, bis in 290 Fuß Tiefe. (Compt. rend. XV, p. 204.) Ein Kältemagazin im inneren unzugänglichen Theil ist folglich eine jeder Wahrscheinlichkeit widersprechende Annahme, die jeder Begründung durch Thatsachen ermangelt.

Ist aber die Beschaffenheit der Gletscher die angegebene, so folgt von selbst, daß kein Wachsthum des Gletschereises von innen heraus stattfindet, daß überhaupt, auch in Folge der Winterkälte, die Eisbildung durch Gefrieren des im Gletschereise enthaltenen Wassers, nur in einer mäßigen Entfernung von der Außenfläche eintreten kann. Die Erklärung des Fortschiebens der ganzen Gletschermasse, durch die Ausdehnung des gefrierenden Wassers, fällt dadurch von selbst.

Es folgt daraus ferner, daß die Temperatur des Erdbodens unter dem Gletscher das ganze Jahr hindurch auf 0° sich erhalten wird, diejenigen Stellen ausgenommen, wo ein durch Höhlungen sich hindurchziehender Luftstrom auf eine etwas bleibende Weise erkältend oder erwärmend wirkt. Derselbe Grund, welcher bewirkt, daß die äußerste Erdhülle an jedem Orte eine Mitteltemperatur annimmt, die der Mittemperatur der umgebenden Luft ungefähr gleich ist, muß bewirken, daß die Erdoberfläche, unter den Gletschern, die seit undenklichen Zeiten mit Eis auf 0° in Berührung ist, dieselbe Temperatur muß angenommen haben. Ihrer eigenthümlichen Verhältnisse zufolge sind also Gletscher Apparate, welche einerseits die Temperatur des Bodens, den sie bedecken, auf 0° erhalten, in Umgebungen, deren mittlere Lufttemperatur beträchtlich über 0° steigt; auf +5° R. z. B. am Ende des unteren Grindelwald-Gletschers, wie

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Verschiedene: Annalen der Physik und Chemie, Band LX.Leipzig: Verlag von Johann Ambrosius Barth, 1843, Seite 447. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Annalen_der_Physik_1843_447.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)