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Biron. Alle Ergötzungen sind eitel, es ist wahr, aber die gelehrten am meisten. Da über einem Buch schweben und das Licht der Wahrheit suchen, das uns doch nur die Augen thränen macht. Licht mit einem Licht suchen, betrügt uns oft um das Licht, das wir haben. Studirt lieber, wie ihr dem Auge Vergnügen schaffen wollt, wenn ihrs auf ein ander schönes Auge heftet, wird es da gleich geblendet, so wird sich das andere Auge seiner freundlich annehmen und es wieder mit dem Lichte versorgen, das es ihm entzog. Die Wissenschaften gleichen der strahlenden Sonne des Himmels, die nicht mit zu verwegenen Blicken zu lange will angesehen werden. Wenig genug haben die kontinuirlichen Gucker bis dato gewonnen, höchstens das, was andere vor ihnen gesagt haben. Diese irrdischen Gevattern des Himmels, diese Astronomen, die jedem Stern gleich einen Namen an den Hals werfen, haben nicht grössern Gewinn von den schönen Nächten als der ehrliche Bauer, der drunter umherspaziert und viel weiß, was sie bedeuten. Nein nein, zu viel wissen, heißt nichts wissen – als höchstens sich einen Namen zu machen, weil man andern Dingen Namen geben kann.

König. Wie gelehrt wider die Gelehrsamkeit!

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Jakob Michael Reinhold Lenz: Anmerkungen übers Theater. Weygandsche Buchhandlung, Leipzig 1774, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Anmerkungen_%C3%BCbers_Theater.pdf/62&oldid=- (Version vom 31.7.2018)