Seite:Anmerkungen übers Theater.pdf/49

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

viel gesagt, und, wenn mir diese chymische Metapher erlaubt ist, man darf nur von jedem einige Tropfen in die Solution thun, um zu sehen, welches Acidum das stärkere ist und das andere zum Recipienten herausjagt. Doch da es Geschöpfe und Leser von allen Arten giebt, so müssen auch Schriftsteller – aber Signor Conte, daß Sie als ein so aufgeklärter Kunstrichter: il nostro Poeta ha fatto quel uso di Shakespeare che Virgilio faceva di Ennio – quo nunc se proripit ille? Virg.[WS 1]




Noch ein Paar Worte übern Aristoteles. Daß er grade im Trauerspiele, wo auf die handelnden Personen alles ankommt, das die Epopee dramatisirt, heißen könnte, den Charakteren so wenig giebt, wundert mich, könnt’ ich nicht reimen, wenn ich nicht den Grund davon tiefer fände, in nichts weniger als dem ἢϑος der Schauspiele.

Die Schauspiele der Alten waren alle sehr religiös, und war dies wohl ein Wunder, da ihr Ursprung Gottesdienst war. Da nun fatum bey ihnen alles war, so glaubten sie eine Ruchlosigkeit zu begehen, wenn

sie Begebenheiten aus den Charakteren berechneten,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vergil, Bucolica III, 19: »wohin eilt nun jener?“
Empfohlene Zitierweise:
Jakob Michael Reinhold Lenz: Anmerkungen übers Theater. Weygandsche Buchhandlung, Leipzig 1774, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Anmerkungen_%C3%BCbers_Theater.pdf/49&oldid=- (Version vom 31.7.2018)