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deutlich zu begreifen, und genau zu untersuchen, ob dasjenige, was er höret oder lieset, der Wahrheit gemäß sey, oder nicht. Ja auch diejenigen, welche die Wahrheiten der Christlichen Religion gründlich einzusehen haben, müssen nicht mit einem blinden Kohler-Glauben zu ihren Lehrern kommen, und etwas bloß deswegen für wahr annehmen, weil es der hochgelehrte Mann, an den man sie zum nöthigen Unterricht verwiesen hat, für wahr ausgiebet. Es ist nicht genug, daß er ihnen die Wahrheit saget, sondern sie müssen es auch begreifen, daß es Wahrheit sey, das ist, daß die von ihm gemachte Erklärung der Schrift richtig, und die von ihm behauptete Sätze aus dieser richtigen Erklärung durch bündige Schlüsse folgen. Denn da Paulus nicht leiden will, daß die Gläubigen sollen Kinder am Verständniß werden (a),[1] das ist, wie die Kinder ohne Ueberlegung annehmen, was ihnen von einem vorgesaget wird, von dem sie eine gute Meinung haben, und aus dem Gedächtniß nachsagen, wovon nichts in den Verstand kommen ist; so kan auch kein Lehrer, der Paulisch gesinnet ist, von seinen Zuhörern begehren, daß sie sich wie die kleinen Kinder einwickeln lassen, wie es ihm gefället. Solche

  1. I Cor. XIV 24. conf. Hammodi Paraphrasis.
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Christian von Wolff: Auszug aus den Anfangs-Gründen aller Mathematischen Wissenschaften. Halle: Rengerische Buchhandlung, 1772, Seite VIII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Anfangsgr%C3%BCnde_der_Mathematik_I_p_008.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)