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schon vorher gefunden worden, schliesset, daß der Triangel nur halb so groß ist, als das parallelogrammum; wird dieser Satz: der Triangel ist die Hälfte eines Parallelogrammi, welches mit ihm einerley Grund-Linie und Höhe hat, ein Lehrsatz genennet.

§. 21. Es ist aber bey jedem Lehrsatz auf zweyerley zu sehen, nemlich einmal auf den Satz, darnach auf den Beweis. Jener saget aus, was einer Sache unter gewissen Bedingungen zukommen könne oder nicht: dieser aber erkläret, wie unser Verstand dazu gebracht wird, daß er sich solches von der Sache gedenken kan.

§. 22. Die Gründe des Beweises sind theils die Erklärungen derjenigen Wörter und Sachen, die in dem Lehrsatze enthalten sind, theils auch die aus gedachten Erklärungen von eben diesen Sachen schon vorhin hergeleitete Eigenschaften. Weil man nun in der Mathematik nichts zu den Gründen annehmen lässet, als was entweder in den vorhergesetzten Erklärungen, oder daher geleiteten Grund- und Lehrsätzen enthalten; so pfleget man die Erklärungen und Lehrsätze jederzeit anzuführen, auf welche man den Beweis gründet; theils damit ein jeder siehet, daß die angenommene Gründe des Beweises ihre Richtigkeit haben; theils damit diejenigen, welche die Gründe noch nicht erkannt, oder auch wol wieder vergessen haben, nachschlagen können und sich ihrer Gewißheit versichern.

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Christian Wolff: Auszug aus den Anfangs-Gründen aller Mathematischen Wissenschaften. Halle: Rengerische Buchhandlung, 1772, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Anfangsgr%C3%BCnde_der_Mathematik_I_007.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)