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Gefühle abzuhärten. Wenn ihr zum Beispiel euch gewöhnt, in kalten Zimmern und harten Betten zu schlafen, bei kalter und rauher Witterung draußen etwas zu arbeiten, Hunger und Durst zu ertragen, Schmerz zu leiden. Ihr erlangt dadurch eine Herrschaft über euch selbst, durch die ihr endlich in den Stand gesetzt werdet, sehr heftige sinnliche Begierden zurückzuhalten. Würdet ihr im Gegentheil nur das suchen, was euch angenehme körperliche Empfindungen verschaffte, gesetzt auch, es wäre nichts Böses, so würdet ihr dessen so gewohnt werden, daß ihr alle Dinge nur nach eurem sinnlichen Gefühl beurtheiltet. Ihr würdet nicht erst fragen: ist es recht, gut und nützlich; sondern nur: ist es meinen Sinnen angenehm, und da würdet ihr oft in der Folge manches für euch sehr schädlich finden.

Habt ihr euch aber gewöhnt, euch oft etwas angenehmes abzuschlagen und eure Begierden aufzuhalten: so gewinnt ihr bei allem, was euch vorkommt, immer Zeit, erst ruhig darüber nachzudenken, und ihr findet es dann auch nicht so schwer, davon abzustehen, wenn eure Vernunft es euch widerräth.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Friedrich Oest: Nöthige Belehrung und Warnung für Jünglinge und solche Knaben, die schon zu einigem Nachdenken gewöhnt sind. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens, Heft 6. Schulbuchhandlung, Wolfenbüttel 1787, Seite 391. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Revision_des_gesammten_Schul-_und_Erziehungswesens_6.pdf/403&oldid=- (Version vom 31.7.2018)