Seite:Album der Sächsischen Industrie Band 1.pdf/106

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Die Braunkohlenbergwerke Zittaus und seines Gebiets.




Nähert man sich der alten Stadt Zittau, so fallen dem Reisenden sogleich die zahlreichen überdachten Schachte, zum Theil mit hohen Dampfessen versehen, und die gewaltigen Haufen von Kohlen auf, Bergleute in ihren einfachen leinenen Grubenkitteln, mit Kohlen belastete Wagen begegnen ihm und Alles zeigt deutlich, daß man hier ein Gebiet betritt, welches eins der reichsten Braunkohlenlager Sachsens einschließt.

Der ganze Kessel, in welchem Zittau, gleich einem von Bergeskranze eingefaßten Juwel so reizend liegt, weist sich in seiner Form als das Bassin eines ehemaligen ungeheuren Landsees aus, dessen Ufer die Höhen bei Lichtenberg, Markersdorf, Seitendorf, Rohnau, Seifersdorf, Herwigsdorf, die Bergketten von Johnsdorf an, sowie die böhmischen Grenzgebirge waren, und welcher später bei Rosenthal – wo sich das herrliche Neißthal öffnet – seinen Damm durchbrach und seinen Abfluß fand. Hier, auf dem Grunde des ehemaligen Sees, in den Niederungen der Neiße und Mandau, sind unermeßliche Lager von Braunkohlen vorhanden; Zittau und die mehrsten Dörfer der Umgegend stehen auf Kohlen, deren Flötze sich von hier nach allen Richtungen hinziehen.

Seine Entstehung verdankt dieses Fossil den ungeheuren Waldungen, welche einst das ganze Gebiet bedeckten und theils von Orkanen, theils durch Ueberschwemmungen niedergerissen und in den Niederungen zusammengeschwemmt wurden. Schlamm und Erde bedeckte die niedergestürzten Stämme, welche dadurch von der Luft gänzlich abgeschlossen, durch aus dem sich entwickelnden Wasserstoff und Sauerstoff sich bildende Kohlensäure langsam verkohlten und je mehr zersetzt wurde, je länger sie jenen Einwirkungen unterworfen waren. Neue Waldungen entstanden über den niedergestürzten, um früher oder später deren Schicksal ebenfalls zu erfahren, wodurch die oft zahlreichen Schichten von Kohlen über einander entstanden, welche Denkmale von eben so vielen Ueberschwemmungen sind. So fand man bei Olbersdorf auf einer Tiefe von 140 Ellen zwanzig Schichten, auf dem Kummersberge bei Zittau auf eine Tiefe von 21 Ellen 11 Zoll fünf Schichten Kohlen.

Die Entstehung der ersten Schichten der Braunkohle geht in eine Zeit zurück, welche das Menschengeschlecht noch nicht zum Zeugen hatte, welches man schon daraus schließen kann, daß die in den untersten Flötzen vorkommenden noch erkennbaren Pflanzenreste von den jetzigen Gewächsen wesentlich verschieden sind und einer ganz anderen Periode angehören; in den oberen Schichten dagegen kommen die heute noch vorhandenen größeren und kleineren Gewächse vor, mit allen oft noch ganz deutlich zu erkennenden Jahresringen, Bast, Rinde, Samen und Blättern. In der Periode, wo die oberen Schichten der Braunkohle entstanden, mußten schon Menschen die Erde bewohnen und sie bereits eine höhere Stufe der Ausbildung erreicht haben, wofür die Thatsache spricht, daß man in den Braunkohlenlagern des Zittauer Gebiets mitten unter den umgestürzten Stämmen einen metallenen Ring, einen dreieckigen Nagel und eine eiserne Schiene gefunden.

Auf den Kohlenreichthum der Gegend um Zittau war man schon vor zweihundert Jahren durch Zufall aufmerksam gemacht worden, ohne indessen auch nur im Entferntesten daran zu denken, denselben zu benutzen, da die trefflich bestandenen Forsten für ausreichendes und billiges Brennmaterial sorgten. Im September 1642 lagerten die Schweden des berühmten Reichwald bei Mittel-Herwigsdorf und es brannte

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/106&oldid=- (Version vom 7.1.2019)