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und unwertheste: so hat man oft genug den Leib der heiligen Schrift zerrissen, ihren herrlichen Gliederbau auseinandergezerrt, und ein Glied nach dem andern abzuschneiden versucht, und doch ist sie geblieben was und wie sie immer war! Rohe Gewalt, schlaue List, aller Scharfsinn einer Weisheit dieser Welt haben vergeblich sich an ihr versucht. Im Siegesschritt ging sie durch die Jahrhunderte hindurch, von einem Meer von Haß und Feindschaft umwogt, oft getaucht in die salzigen Fluthen des Spottes und der Lästerung, aber nur wie gestärkt zur neuen Wanderung daraus sich stets erhebend. Und so wird sie ja fortziehen trotz allen Dräuens zur Rechten und zur Linken, dem Sturmlauf der Zeiten trotzend, bis die Ewigkeit ihre Siegel löst und die Feier der Ewigkeit ein Ja und Amen sagt zu ihrem Wort und Zeugniß. Ja ihre Vergangenheit bürgt uns für ihre Zukunft; „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht“.

 Soll der Mund der Geschichte sich öffnen, zeugen für ihr unvertilgliches Leben, für ihre allen Widerstand der Welt und Hölle überdauernde und überwindende Siegesmacht?

 Ihr kennet, Geliebte, die Zeit, da die Kirche Christi in bräutlicher Liebe ihrem Herrn nachfolgte bis in den Tod. In ihrem Brautkleid prangten die Purpurrosen ihres eigenen Blutes. Unter den Marterwerkzeugen, womit ihr Leib zerrissen wurde, wuchs er nur in wunderbarem Wachsthum und der Feind ward zu Schanden. Da steht er in den heiligen Schriften die Zauberkraft, in welcher auch schwache Werkzeuge muthig dem Martertode entgegen gehen. Gebt uns eure heiligen Bücher, wird sein Feldgeschrei – die Bibel soll vertilgt werden, dann wirds ja auch aus sein mit dem Christen-Namen. Aber beschließet einen Rath und es werde nichts daraus, denn hier ist Immanuel. Hunderte der heiligen Schriften konnten auflodern in des Feuers Flamme, aber vertilgen konnte, durfte man die Bibel nicht[.] Als ihr Allerheiligstes hütete die Kirche die heilige Schrift, hütete sie Gott selbst und seine heiligen Engel. Ihr kennt auch die Zeit, da die Kirche Christi als