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Fremde hielt mit seiner Überraschung nicht zurück; Melanchthon setzte ihm auseinander, wie beides sich wohl zusammenreime. Den Seinen hinterließ er seinen Namen und dessen Segen. Im Dienste der Wissenschaft und der Kirche sich verzehrend, hat er, so leicht er es vermocht hätte, keine Reichtümer gesammelt. Gern führte er das Wort des Achilles im Munde: „mein sei das Mehr des Werkes, das Gold dem, den es gelüstet.“ Sein Schwiegersohn Sabinus kam einmal nach Rom und besuchte den berühmten Kardinal Bembo. Dieser erkundigte sich angelegentlich nach seinem berühmten Schwiegervater. Unter anderem fragte er ihn: „wie viel Gehalt hat Magister Philippus?“ 300 Gulden, war die Antwort. „O undankbares Germanien“, sagte der Kardinal, „das einen solchen Mann so übel belohnt“. „Wie viel Zuhörer?“ 1500, erwiderte Sabinus. Darüber wunderte sich der Kardinal noch mehr, da solches wohl selbst auf der Universität Paris kaum vorkomme. Anfänglich namentlich war sein Haushalt besonders kümmerlich; er hatte nur 100 Gulden Gehalt und konnte in den ersten vier Jahren seiner Frau kein neues Kleid anschaffen. Später wurde durch das Bemühen Luthers seine ökonomische Lage eine bessere. Ungeachtet dessen übte er eine geradezu fabelhafte Freigebigkeit. Der Herzog in Preußen dachte ihm ein Geschenk zu und fragte bei dem Schwiegersohne Peucer an, ob es Geld sein dürfte. Die Antwort war, das würde er doch schon wieder andern ausgeteilt haben, ehe er davon genießen könnte. Sein Busenfreund Camerarius erzählt, „es gehörte bei Melanchthon zur Hausordnung, niemandem etwas auszuschlagen“. Einer seiner ersten Biographen schreibt von ihm: Philippus diente gerne jedermann, dem einen schrieb er einen Empfehlungsbrief, dem andern eine Vorrede zu einem Werke. Seine Dienstwilligkeit ging so weit, daß er manchem Dozenten auch die Vorlesungen verfaßte. An allerlei Kreuz fehlte es ihm nicht, er war oft kränklich, er litt früher an Schlaflosigkeit, später an einem besonders schmerzlichen Übel. Er war eben auf einer seiner vielen Reisen, als ihm die Botschaft nachgesendet wurde, seine Gattin sei gestorben, er antwortete ruhig und gefaßt trotz tiefsten Schmerzes: ich werde ihr bald nachfolgen. Das Haus war ihm eine heilige Stätte, ebenso der Hörsaal, da alles bei ihm auf

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Adolf von Stählin: Philipp Melanchthon. J. A. Schlosser, Augsburg 1897, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_Philipp_Melanchthon.pdf/26&oldid=- (Version vom 31.7.2018)