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sie immer eine ganz besondere Art von Ruhe, sie hatte es sich zum Gesetz gemacht, sich das Notwendige immer zu erleichtern, weit entfernt davon, sich dagegen aufzulehnen.

Im Augenblick, wo sie zu Bette war, schien es ihr, dass alle Verpflichtungen für sie aufhörten und keine Sorge Macht über sie habe. Sie sei nur verpflichtet, dort mit Ergebung zu verbleiben, was sie mit Vergnügen tat. Sie liess ihrer Einbildungskraft freien Lauf, sie rief sich angenehme Eindrücke, schöne Erlebnisse, glückliche Empfindungen in die Erinnerung zurück. Keine Anstrengungen, keine Berechnungen, keine Vernunft, alles ist ruhig wie sie selbst, sie leidet ohne Ungeduld, sie ruht aus und erheitert sich. Sie versicherte, dass das Gefängnis die gleiche Wirkung wie die Krankheit auf sie ausübe; sie sei genötigt dort zu verbleiben, das koste sie keine Ueberwindung, ihre eigene Gesellschaft sei gar nicht schlecht!

Unter dem Fenster ihrer Zelle stand die Schildwache, die ganze Nacht hörte Madame Roland sie mit Donnerstimme rufen: „Wer da? Schiess! Korporal! Patrouille!“ Sie wachte häufig auf, konnte aber meist gleich wieder einschlafen. Des morgens räumte sie alles selbst auf; sie zog es vor, das Geld, das sie dafür hätte bezahlen müssen, zu ersparen, um damit arme Gefangene zu unterstützen. Mit Ungeduld wartete sie, dass die grossen Riegel zurückgeschoben und der Schlüssel im Schloss umgedreht wurde, um das Morgenblatt zu bekommen. Als sie den Verhaftungsbefehl der zweiundzwanzig Girondisten las, entfiel das Blatt ihren Händen und sie rief mit schmerzlicher Bewegung: „Mein Vaterland ist verloren.“ So lange sie glaubte, allein oder beinahe allein unter dem Joch der Bedrückung zu sein, war sie mutig und ruhig, und behielt die Hoffnung, dass die Verteidiger der Freiheit heil bleiben würden, die das Vaterland retten könnten! Aber nun war alles dahin! Der vierte Tag war bereits vorüber und Madame Roland war noch immer nicht einem Verhör unterzogen worden. Sie schrieb, um sich darüber zu beklagen. Ihr erster Brief war, trotz der