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solche Freunde, sie besass weder Vermögen noch irgend welche Protektionen: und doch unterzog sie sich solch einem schier aussichtslosen Unternehmen. Sie war genötigt, vornehme Herren, Männer in hohen Stellungen für Latudes Schicksal zu interessieren. Es gelang ihr, sie ging zu ihnen und sprach mit jener Beredsamkeit der Seele, der gegenüber die Beredsamkeit des Verstandes verblasst. Bald machte man ihr Hoffnungen, dann foppte man sie herum oder stiess sie roh fort! Doch sie beharrte, sie wurde nicht müde, Vorstellungen zu machen, sie schreckte vor keiner Beschwerlichkeit zurück. Die Freunde, die sie sich durch ihr kühnes, mutiges Vorgehen erworben hatte, zitterten für ihr Leben und waren besonders um ihre Freiheit in Sorge, wenn sie die Gefahren sahen, in die sich Madame Legros blindlings stürzte, aber sie war für alle Vorstellungen, für alle Bitten taub. Sie befand sich damals im siebenten Monate guter Hoffnung, als sie an einem kalten Wintertag zu Fuss nach Versailles ging und erschöpft von Hunger, Kälte und Müdigkeit ihre Wohnung endlich am Abend wieder erreichte; dabei war sie gedrückten Herzens, da ihre Bitten abschlägig beschieden wurden. Die Nachtstunden hindurch arbeitete sie für ihren Unterhalt und begab sich am andern Morgen wieder nach Versailles. Erst nach achtzehn Monaten, voll der grössten Anstrengungen, Mühen, Demütigungen und Entbehrungen, gelang es ihr, im Gefängnis die Bekanntschaft Latudes zu machen, und in jenem Zeitpunkt erfuhr er erst von den unbekannten Freunden, die er ausserhalb der Kerkermauern besass. Als sie das unsägliche Elend mit eigenen Augen geschaut hatte, fand sie aufs neue Kraft und Mut, um allen Hindernissen und Gefahren Trotz zu bieten. Im Anfang jener schweren Zeiten war sie niedergekommen. Doch trennte sie sich sehr bald von ihrem Kinde, sie gab es in Pflege, um ihr begonnenes Werk zu vollenden.

In ihrer Aufopferung für den Unglücklichen kannte sie keine Grenzen. Sie rannte in die entlegensten Vorstädte,