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Walther Kabel: Abenteuerliche Ehen europäischer Aristokratinnen mit Muselmännern. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 11, S. 212–215

bei den politischen Intrigen, an denen gerade jene Periode des osmanischen Reiches durchaus nicht arm war. Der Ehrgeiz der einstigen Gräfin, ihren Gatten in eine hervorragende Stellung zu bringen, war so groß, daß sie sich des öfteren auf ein recht gewagtes Spiel einließ. In dem Harem Mustafer Selims liefen auch die Fäden jener Verschwörung zusammen, durch die man Selim II. nach Beseitigung des den Würdenträgern allzu energischen Solimans den Thron verschaffen wollte. Diese Verschwörung wurde entdeckt, und drei Tage später wurde Beatrix auf Befehl des Sultans von ihrer eigenen Leibsklavin vergiftet. Ihrem Gatten schickte Soliman die berüchtigte seidene Schnur, ein Wink, dem der Türke ohne Zögern gehorchte, indem er sich an der Leiche seiner Frau erdrosselte. –

Im Jahre 1715 traf die erste persische Gesandtschaft, abgeschickt vom Schah Hussein an Ludwig XIV., in Frankreich ein. Ihr Führer war Mehemed Riza-Bei, der Unterverwalter der Provinz Eriwan, ein ebenso eingebildeter wie ungebildeter Mensch, der seinem Herrn in Paris durchaus keine Ehre machte. Nachdem Mehemed Riza-Bei sich in der schon damals recht vergnügungsreichen Seinestadt einige Wochen amüsiert hatte, lernte er eines Tages die Marquise v. Epinay, eine entzückende junge Witwe, kennen und sehr bald auch lieben. Er trug ihr seine Hand an und wurde auch wirklich erhört. Da aber machte die französische Polizei dem Pärchen einen Strich durch die Rechnung. Sie sah es als unzulässig an, daß ein Muselmann eine Christin mit sich nehme, und verbot der Marquise die Abreise. So fuhr denn der persische Gesandte mit seinem Gefolge allein nach Havre, von wo er sich auf der Fregatte „L’Astrée“ zunächst nach Rußland einschiffen wollte. Unter dem Gepäck Riza-Beis befand sich auch ein neuer, riesiger Koffer, auf den der Perser besonders achtzugeben befahl. Das Schiff hatte den Hafen kaum verlassen, als von Paris der Befehl eintraf, das Aussegeln der Fregatte zu verhindern, da die Marquise v. Epinay trotz des Verbotes der Polizei den Gesandten zu begleiten gedenke. Dieser Befehl kam zu spät. Aber die französische Aristokratin fuhr in ihrem Koffer keinem beneidenswerten Schicksal entgegen. In Riga bereits gingen der Gesandtschaft

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Walther Kabel: Abenteuerliche Ehen europäischer Aristokratinnen mit Muselmännern. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 11, S. 212–215. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1911, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abenteuerliche_Ehen_europ%C3%A4ischer_Aristokratinnen.pdf/3&oldid=- (Version vom 31.7.2018)