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oder in die Kirche zum Altar – wohin ja auch das Wachs gebracht wurde – geschleppt wurde, könnte sich diese Anschauung gebildet haben. Der ganze Zusammenhang ist aber doch zu äußerlich, als daß man hierauf eine stichhaltige Erklärung bauen könnte.


d) Das Steineführen.

Troz[1], der das Steintragen der Weiber mit der Strafe des Steineführens[2] (Steinekarrens) zusammenbringt, scheint auch im Steineliefern[3] einen Ersatz für Bußgeldliefern zu sehen. Dreyer[4] wendet sich gegen Troz, wobei er sich begnügt, „beiläufig noch zu berühren“, daß zwischen „dieser Lithophorie und jener Steintragungsstrafe“ gar keine Verbindung sei. Da wir beide Strafen auf den gleichen Ursprung, die Strafknechtschaft, zurückführen können, so besteht doch wohl eine Verbindung. Freilich läßt sich nicht die eine Strafart von der andern ableiten[5].


e) Der Kampfstein.

In der Darstellung des gerichtlichen Zweikampfes zwischen Mann und Frau[6] ist uns als Waffe der Frau ein Stein genannt. Die Frau kämpft mit einem in einen Schleier – ebenfalls weibliches Symbol – eingebundenen Stein. Ein besonderer Name für diese Waffe ist nicht bezeugt. Aber selbst wenn sich eine allgemeinere Verwendung des Steines zum Streite[7] nachweisen ließe,


  1. De jure agrario Belgii foederati. 2, 287.
  2. z. B. Schlettstädter Stadtrecht (1294–1401) S. 287.
  3. Er führt u. a. an: steene schieten i. e. solvere tributum palatio.
  4. Antiquar. Anmerkungen S. 121.
  5. Wohl aber kommen beide Strafen in gleichzeitiger Anwendung vor. J. G. Heinritz, Versuch e. Gesch. der Stadt Bayreuth 1823 S. 67 erwähnt einen Fall, wo eine Frau für Bruch des Kirchweihfriedens folgende Strafe erhielt: 8 Tage lang den Stein am Fuße in ihrem Hause zu haben oder 15 Stück Steine zu führen zu der Stadt Notdurft. Die Verwendung des Lastersteins als Fußgewicht ist etwas Außergewöhnliches.
  6. Augsburger StR. 1276 (Freyberg S. 55) Ruprecht v. Freising 2, 51. Hommel Jurispr. numism. illustr. Lpz. 1763 S. 75 ff. Schlichtegroll Thalhofer 1817. Auf eine poetische Darstellung aus dem 13. Jh. (Heinrich von Neustadt, Apollonius) macht Alwin Schultz, Höfisches Leben2 2, 147 f. aufmerksam. [Anmerkung von Wikisource: Vgl. Talhoffer, Fechtbuch]
  7. Vom Steinwerfen, Steinstoßen, Steinzücken dürfen wir hier ganz absehen.
Empfohlene Zitierweise:
Eberhard von Künßberg: Über die Strafe des Steintragens. Marcus, Breslau 1907, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Strafe_des_Steintragens.pdf/53&oldid=- (Version vom 1.8.2018)